Das World Cargo Center aus Norderstedt ist Vorreiter beim Sicherheits-Check für Güter, die per Flugzeug transportiert werden sollen.

Norderstedt. "Das ist keine Bombe, sondern ein unbedenkliches technisches Gerät", sagen die beiden Luftsicherheitskontrolleure beim Blick auf die zwei Monitore. Sie sitzen im World Cargo Center an einem Röntgengerät der jüngsten Generation - das Norderstedter Luftfrachtzentrum erfüllt schon jetzt die Auflagen für die Sicherheit der Luftfracht, die vom kommenden Frühjahr an gelten werden, und ist mit der Kooperation von Transporteuren, Kontrolleuren und Verpackern unter einem Dach bundesweit Vorreiter.

Nach dem Anschlag auf das World Trade Center im September 2001 wurden die Sicherheitsauflagen im Flugverkehr drastisch verschärft. Doch während Passagiere seitdem akribisch kontrolliert werden, gibt es bei der Luftfracht bisher noch Lücken. Die sollen zum 25. März 2013 geschlossen werden. Die Europäische Union hat 2008 und 2010 entsprechende Verordnungen erlassen. Zum Stichtag verlieren die sogenannten bekannten Versender ihren Status. "Bisher galt: Wer einmal die Sicherheit seines Unternehmens und seiner Ware dokumentiert hatte, musste sich bei jeder neuen Sendung nicht wieder der umfangreichen Kontroll-Prozedur unterziehen. Es reichte die Unterschrift", sagte Stefan Pokrantz, Geschäftsführer der Pfister Logistic GmbH, einer der drei Innovations-Partner im World Cargo Center.

Wer künftig Teil der "sicheren Lieferkette" bleiben will, muss sich entweder vom Luftfahrt-Bundesamt zertifizieren oder seine Waren röntgen lassen. "Von 65 000 Versendern bundesweit sind aber erst 48 zertifiziert", sagte Bianca Bazant, Geschäftsführerin der Luftfrachtsicherheit-Service GmbH, zweiter Partner im innovativen Sicherheits-Trio am Nordport. Doch die behördliche Zulassung sei teuer, gerade kleinere Firmen scheuten vor den Kosten und dem hohen personellen Aufwand zurück. Außerdem werde das Luftfahrt-Bundesamt schon zeitlich nicht in der Lage sein, bis zum Stichtag alle Anträge zu bearbeiten. Die Folge: Immer mehr Fracht muss künftig durchleuchtet werden.

Und darauf haben sich die Garbe Logistic AG, Bauherr und Vermieter des Luftfracht-Centers an der Niendorfer Straße, und ihre Partner eingestellt: Gestern haben sie zwei der zurzeit modernsten Röntgenscanner-Anlagen offiziell in Betrieb genommen. Die rund 300 000 Euro teuren Geräte sind "Dual-View-Modelle": "Sie durchleuchten die Fracht zugleich von oben und von der Seite", sagt Bianca Bazant. Bisher sei nur der Röntgenblick von einer Seite üblich. Die Strahlen dringen auch durch bis zu sechs Zentimeter dickes Metall und verraten, was darunter steckt.

Sind die Verpackungen zu groß für den 1,80 Meter breiten Röntgenkanal oder ist die Metallhaut zu dick, kommt der "Sniffer" ins Spiel: ein Detektor, der die Fracht mit einem Wattepad abtastet. Ein Messgerät wirft die Ergebnisse aus, die Luftsicherheitskontrolleure wissen nach ihrer speziellen Ausbildung und Prüfung vor dem Luftfahrt-Bundesamt, was sich hinter dem Code verbirgt. "So können wir auch geringste Spuren von Sprengstoff feststellen", sagt Bianca Bazant.

Schlägt der Detektor Alarm, rufen die Kontrolleure die Sprengstoffexperten der Polizei. Damit der elektronische Spürhund eingesetzt werden kann, müssen Kisten und Kartons geöffnet werden. Da kommt der Dritte im Bunde zum Zuge, die JS Industrieverpackungen GmbH. Die Verpackungsexperten machen die Fracht nach dem Sicherheits-Check wieder versandfertig. "Und dadurch, dass wir hier alle Beteiligten unter einem Dach haben, verlieren wir keine Zeit", sagt Ulf Martinek, Geschäftsführer des Verpackungsunternehmens.

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Und Zeit spiele bei der Luftfracht eine enorme Rolle. "Wenn die Güter erst hin- und hergefahren werden müssen, weil sie nicht fachgerecht verpackt sind, ist der Flieger eventuell weg", sagt Martinek. Im World Cargo Center könne das nicht passieren, hier arbeiteten die drei Unternehmen Hand in Hand. Sie gehen davon aus, dass sich die Investitionen in absehbarer Zeit auszahlen werden. "Wir sehen den Sicherheits-Check als innovatives und lukratives Geschäftsfeld", sagte Pokrantz.

Bisher werden über das Luftfrachtcenter in Norderstedt jedes Jahr gut 120 000 Tonnen Güter umgeschlagen. Die meisten verlassen die Hallen per Lkw: "85 Prozent der Luftfracht wird zunächst über die Straße transportiert", sagte Garbe-Vorstand Jan Dietrich Hempel. Momentan könne zwar niemand sicher vorhersagen, wie sich das Frachtaufkommen entwickeln wird, wenn die neuen Auflagen greifen. Doch Garbe sei vorbereitet. Zusätzlich zur jetzigen Hallenfläche von rund 20 000 Quadratmetern könne die Fläche kurzfristig um rund 6000 Quadratmeter erweitert werden.