Eine Glosse von Maike Grunwald

"Heute war ich mit Paula in der musikalischen Früherziehung", erzählt meine Freundin Katinka, seit drei Jahren Mutter. "So was Absurdes habe ich noch nie erlebt. Die Eltern mussten im Kreis sitzen, ich sollte in der Mitte herumhüpfen und sagen: 'Ich bin ein Frosch.' Paula hat geweint, die anderen Kinder saßen mit offenem Mund daneben und konnten mit dem Quatsch nichts anfangen."

Mir tun Eltern heutzutage leid - und erst recht die Kinder. Der Druck, den Nachwuchs um jeden Preis zu fördern, zeigt sich in Studien zum Burn-out bei Kindern. Krankenkassen bieten Stressbewältigungsprogramme für die Allerkleinsten an.

Wir Versuchskaninchen der antiautoritären Erziehung hatten es dagegen richtig gut. Damit Kinder sich entfalten, sollte man sie am besten sich selbst überlassen. Fingerfarben und ein Batzen Knete galten als ausreichende Fördermittel. Als mein Bruder mit sieben Jahren spaßeshalber die lateinischen Dinosauriernamen auswendig lernte, wurden meine Eltern sofort des Drills verdächtigt.

Heute sollen Kinder schon Chinesisch sprechen, bevor sie richtig laufen können. Und vielleicht schlummert in Emma-Pauline ein Geigengenie, das optimal entwickelt werden muss?

Einst galten die Geschäftsreisen des Familienoberhaupts als Statussymbol, heute sind es die Förderstunden der Kinder. Eine Fähigkeit, die später im harten Wettbewerb des Berufslebens helfen könnte, wird dabei allerdings vernachlässigt: die Kreativität. Um die zu wecken, braucht man nämlich etwas, das für viele Kinder Luxus sein dürfte: Langeweile.