Amtsgericht spricht Angeklagten frei, weil ein Betrugsvorsatz nicht nachgewiesen werden konnte

Bad Segeberg. Im November 2009 musste Ewald F., 57, aus Neumünster einen Offenbarungseid leisten. Dieser Umstand hielt den Kraftfahrer nicht davon ab, drei Monate später, im Februar 2010, in großem Stil bei Möbel Kraft in Bad Segeberg einzukaufen. Ein Schlafzimmer, eine Sitzgarnitur fürs Wohnzimmer, Regale und Lampen im Gesamtwert von mehr als 6000 Euro erwarb F. und gab auch gleich Lieferung und Montage in Auftrag.

Tatsächlich geliefert wurden Möbel für 4800 Euro, den Rest der bestellten Möbel behielt die Firma Kraft, weil die bei Auslieferung mit EC-Karte vorgenommene Zahlung am Widerspruch des Kontoinhabers scheiterte, eine Bezahlung schon der ersten Lieferung also nicht erfolgte. Es gab dann eine telefonisch vereinbarte Ratenzahlung zwischen der Firma Kraft und dem säumigen Kunden, die nicht eingehalten wurde. Als dann Mahnschreiben zurückkamen, weil Ewald F. seine Anschrift geändert hatte, war das Maß voll. Möbel Kraft zeigte Ewald F. wegen Betruges an.

Auch die Staatsanwaltschaft war von einem Betrugsvorsatz überzeugt, nicht zuletzt im Hinblick auf die Vorstrafen von Ewald F., der wegen Betruges in Kiel im Gefängnis sitzt und dessen Vorstrafenregister bis ins Jahr 1983 zurückreicht. Es waren überwiegend ähnliche Taten wie dieser Möbelkauf, die F. immer wieder vor Gericht und schließlich ins Gefängnis brachten.

Vor dem Amtsgericht in Bad Segeberg streitet der Angeklagte hartnäckig einen Betrugsvorsatz ab. Er habe seinem Schwager das Geld für die Möbel gegeben. Der sollte die Lieferung entgegennehmen und bezahlen. Warum der Schwager Benjamin K., 28, das Geld auf sein Konto einzahlte und die Möbel mit seiner EC-Karte statt bar bezahlte, bleibt unklar.

Woher er denn so viel Geld gehabt habe, möchte Richterin Sabine Roggendorf vom Angeklagten wissen. Ewald F., der der Volksgruppe der Sinti angehört, keine Schulausbildung hat und Analphabet ist, bezieht als Kraftfahrer nämlich nur ein geringes Gehalt. Die Hälfte des Geldes habe er angespart, behauptet er, und den Rest habe ihm ein Onkel geliehen. Zu spät sei ihm eingefallen, dass Benjamin K. Drogen nehme und gerne mal in Spielhallen Geld verzocke. Der habe das Geld wohl unterschlagen.

Eine Mitarbeiterin der Firma Kraft berichtet, dass der Angeklagte gleich beim ersten Telefonat erwähnt habe, er habe seinen Schwager angewiesen, die Möbel zu bezahlen und dass die Bezahlung nicht mangels Kontodeckung gescheitert sei, sondern am Widerspruch des Kontoinhabers.

Die Möbel würden jetzt ratenweise abbezahlt von der Tochter des Angeklagten, bei der sie sich nach Auskunft des Angeklagten auch befinden.

Der Schwager Benjamin K. beruft sich ebenso wie die Verlobte des Angeklagten auf sein Aussageverweigerungsrecht. Damit sieht die Beweislage dürftig aus, mit der Folge, dass der Staatsanwalt "im Zweifel für den Angeklagten" einen Freispruch beantragt. Die Richterin schließt sich dieser Auffassung an. Es sähe so aus, als sei das Geld tatsächlich auf dem Konto von Benjamin K. "verpufft", und damit sei ein Betrugsvorsatz dem Angeklagten in diesem Fall nicht nachzuweisen.

Ewald F. kann sich nun auf seine baldige Entlassung aus dem Gefängnis freuen, denn die Strafe wegen Betrügereien im Bereich Schrotthandel hat er demnächst abgesessen.