Kommt der mutmaßliche Serienmörder möglicherweise nie wieder frei?

Kiel/Henstedt-Ulzburg. Für eine Serie von Morden an fünf jungen Frauen soll der mutmaßliche Täter Hans-Jürgen S., 65, aus Henstedt-Ulzburg nach dem Willen der Anklage lebenslang in Haft. Zugleich müsse die besondere Schwere der Schuld festgestellt werden, forderte Staatsanwalt Matthias Daxenberger am Montag vor dem Kieler Landgericht. Damit würde der Angeklagte, er ist Vater und Großvater, möglicherweise bis zum Ende seines Lebens im Gefängnis bleiben müssen. Die Verteidiger forderten eine Strafe unterhalb von 15 Jahren.

"Der Angeklagte hat gestanden, fünf junge Frauen aus sexuellen Motiven getötet zu haben", sagte Daxenberger. Laut seinem Geständnis hatte er Frust mit Mädchen und später mit der eigenen Ehefrau erlebt, bevor er seinen Opfern auf der Straße auflauerte, sie unvermittelt attackierte, tötete und vergewaltigte.

Die Opfer des Henstedt-Ulzburgers waren erst 15 bis 22 Jahre alt

Die Taten - die erste liegt über 42 Jahre zurück, die letzte 28 Jahre - seien als Morde zu werten, sagte Daxenberger. "Er hat absichtlich getötet", Mordmerkmale seien Befriedigung des Geschlechtstriebes, Verdeckung einer Straftat und Heimtücke. Die Opfer waren erst 15 bis 22 Jahre alt.

"Der Angeklagte ging bei den Taten planmäßig und strukturiert vor," sagte Daxenberger. Zweifel äußerte der Ankläger auch an der Darstellung des 65-Jährigen, er habe seine Opfer zufällig ausgewählt. Schlüssel zur Aufklärung der Mordserie waren die DNA-Spuren an der Leiche der 18-jährigen Schwesternschülerin Gabriele S., die 1984 vergewaltigt und getötet wurde. Als die Mordkommission diesen Fall wieder aufrollte, nahm sie auch eine Speichelprobe vom Bruder des Angeklagten. Der DNA-Abgleich führte dann direkt zu dem 65-Jährigen. Hans-Jürgen S. wurde im April 2011 in einem Reihenhaus in Henstedt-Ulzburg festgenommen.

Die Angehörigen hatten jahrzehntelang in Ungewissheit verbracht

Der Ankläger betonte, dass die vier letzten Morde ohne das Geständnis des Angeklagten wahrscheinlich nicht aufgeklärt worden wären. Die Angehörigen hatten jahrzehntelang in Ungewissheit über Tat und Täter verbracht. Einige verfolgen den Prozess sichtbar erschüttert als Nebenkläger. Gutachter hatten die Schuldfähigkeit des Angeklagten unterschiedlich beurteilt. Ein Psychiater ging davon aus, dass Hans-Jürgen S. in allen Fällen das Unrecht seiner Taten habe einsehen. Ein Sexualwissenschaftler mochte dagegen zumindest bei den ersten vier Taten eine krankhafte Störung nicht ausschließen. Die Verteidigung beantragte, weitere Gutachter hinzuzuziehen.

Der Angeklagte selbst bat in seinem Schlusswort mit tränenerstickter Stimme die Angehörigen der Opfer und seine eigene Familie um Entschuldigung. "Ich bin in den letzten 20 Jahren ein ganz anderer Mensch geworden, es tut mir sehr leid", sagte er. Im Prozess hatte er geschwiegen und über seine Verteidiger die Taten gestanden.

Das Urteil der Strafkammer wird für Mittwoch erwartet.