Fabian Vogel und Jana Linh Scharenberg spielen in der Hamburger “Opera stabile“

Das Saallicht geht aus, der Dirigent setzt sich ans Klavier, die Regisseurin ruft "erster Applaus", die Spannung steigt. Im Gleichschritt marschiert die Garde der Polizisten zur Bühne. Das heißt, einer, der größte, sitzt auf einem merkwürdigen Gefährt mit einem großen Rad und vier kleinen Rädern. Der Polizeichef. Dimpfelmoser heißt er, und er will den Räuber Hotzenplotz zur Strecke bringen. Dumm nur, dass dieser viel schlauer ist als er.

Fabian Vogel spielt den dummen August in blauer Garde-Uniform, mit breiten Schultertressen und blank gewichsten Stiefeln. Fabian kommt aus Norderstedt, und einmal im Jahr, wenn die "opera piccola", die Kinderoper an der Hamburgischen Staatsoper, Kinder und Jugendliche für ein neues Stück sucht, ist er beim Casting dabei. Und auch später im Ensemble. Im vorigen Jahr stapfte er in der Kinderoper "Die Schneekönigin" durch die Galaxien und trug die Räubertochter Huckepack, gespielt von Jana Linh Scharenberg, ebenfalls aus Norderstedt.

Diesmal steht "Der Räuber Hotzenplotz" auf dem Programm, Premiere ist am Sonntag, 5. Februar, 17 Uhr, in der "Opera stabile" neben der Staatsoper. Bis 26. Februar wird das Stück von Otfried Preußler als Kinderoper von Andreas N. Tarkmann (Text) und Jörg Schade (Musik) gespielt.

Im "Räuber Hotzenplotz" steht Jana Linh als Polizistin und als Affe auf der Bühne. Was macht mehr Spaß? "Der Affe", sagt Jana Linh, "weil ich da so gut mit den Affenarmen schlenkern kann."

Kostüm- und Kulissenprobe mit Klavier steht auf dem Programm in der "Opera stabile", dem kleinen Haus neben der Hamburgischen Staatsoper an der Dammtorstraße. Bisher spielten die Produktionen der "opera piccola" auf Kampnagel an der Jarrestraße in Barmbek, jetzt hat die große die kleine Oper nach Hause geholt.

"Unser junges Publikum als auch unsere Spieler und Sänger sollen sich hier, an der großen Oper wohl fühlen", sagt Anja Bornhöft, Sprecherin der Staatsoper.

Fabian und Jana fühlen sich bereits affenwohl in der "Opera stabile". Mit Leichtigkeit meistern beide neben der Schule das Textelernen und die Proben. Fabian besucht die Waldorfschule in Kaltenkirchen, Jana das Carl-von-Ossietzky-Gymnasium in Hamburg.

"Drittes System, dritter Takt, Seite 14", kommt die Anweisung von Regisseurin Nicole Panzer. "Hast Du's?" fragt sie noch kurz den Dirigenten, Benjamin Gordon, der auch die anderen Kinderopern leitete. Der Kaffeekesselpfiff sitzt. Großmutter dreht ihre Kaffeemühle, Räuber Hotzenplotz schleicht sich an, klaut dem Dirigenten den Taktstock, reißt der Großmutter die Mühle aus dem Arm und entschwindet.

Das ruft Kasperl und Sepperl auf den Plan und auch den Dimpfelmoser. Fabian spielt den selbstverliebten Polizisten wunderbar bräsig, mit stoischer Miene und exakter Haltung in der engen Uniform. Der 16-Jährige überragt seine Polizeigarde um mindestens einen Kopf, versucht, Ruhe in die aufgeregte Gesellschaft zu bringen, doch auf ihn hört ja immer keiner.

Fabian singt mit fester Stimme. "Ich habe schon als Kind viel gesungen", sagt er. Deshalb brachte ihn seine Mutter in eine Kindersinggruppe, und als die Lehrerin empfahl, er solle in einem Chor singen, besuchte er den Neuen Hamburger Knabenchor. "Als ich zwölf war, hatte ich aber keine Lust mehr auf Chor", sagt er und grinst. Einer seiner Mitsänger machte ihn auf ein Casting der "opera piccola" aufmerksam, und so wurde "Pinocchio" seine erste Produktion an der Oper. Fabian hat einen starken Hang zum Komödianten, findet jeden Auftritt immer wieder aufregend und möchte Opernsänger oder Schauspieler werden.

Beruf? "Keine Ahnung, vielleicht Schauspielerin", sagt Jana Linh. Sie ist 13 Jahre alt, spielt Geige, reitet und tanzt Hip-Hop. Auch sie wirkte schon oft in der "opera piccola" mit und liebt das Zusammensein mit den anderen Spielern, die von Hamburger Schulen und der Jugendoper-Akademie kommen. Die "opera piccola" läuft unter dem Motto "Oper für Kinder, Opern mit Kindern" und wird von der Hamburger Sparkasse und der Stiftung zur Förderung der Hamburgischen Staatsoper unterstützt.

Wenn Jana Linh als Affe im Zoo des Zauberers Petrosilius Zwackelmann mit ihren langen Ärmeln schlenkert, um sich herum abenteuerliche Gestalten der verzauberten Tiere und die schöne Fee Amaryllis, geht dem Zuschauer angesichts der Spielfreude der Gruppe in den fantasievollen Kostümen das Herz auf. Räuber Hotzenplotz' Räuberhöhle ist eine Betonröhre, in seinem Eingang hängen seine sieben Messer. Der Zauberer haust auf einem Leuchtturm, an deren Fuß Großmutter ihren Kaffee kocht. Seppel und Kasperl turnen über Steg zwischen Zuschauerplätzen und Orchester. Und mittendrin Jana und Fabian aus Norderstedt mit leuchtenden Augen!