3700 Jahre alte denkmalgeschützte Ruhestätte wurde im Internet versteigert. 341 Quadratmeter große und zwei Meter hohe Fläche im Wald geht in private Hand.

Högersdorf. "carrera997" und "Vicelin" trieben den Preis immer weiter nach oben und machten das Finale vermutlich unter sich aus. "gonzodan" war schon bei 250 Euro ausgestiegen. "DrDorsch" gab bei 1100 Euro auf. Wie die Auktion ausging, bleibt wegen des Datenschutzes ein Geheimnis. Sicher ist aber, dass der Höchstbietende neuer Besitzer einer der ungewöhnlichsten Immobilien in der Region ist. Er hat einen Grabhügel ersteigert.

Zwei Meter hoch erhebt sich der Hügel in den Himmel über dem 400-Einwohner-Ort Högersdorf bei Bad Segeberg. Ein Hinweisschild an der Bundesstraße 206 weist in die Richtung der seit 1967 denkmalgeschützten Grabstätte eines Unbekannten, der vor gut 3700 Jahren verblich und dort beigesetzt wurde, wo sich heute der Ortsteil Rotenhahn befindet. Über seinen sterblichen Überresten wölbt sich eine ansehnliche Erdschicht mit einem Durchmesser von elf Metern. Die Bäume darauf gedeihen prächtig. Eine Treppe führt auf die Spitze des Hügels, der allerdings nur eine unspektakuläre Aussicht auf weitere Bäume, eine verlassene Landstraße und ein Haus bietet.

Die 341 Quadratmeter große Fläche war bis zu der Versteigerung über ein Internetportal öffentliches Eigentum und wurde - was vermutlich selten nötig war - von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) verwaltet. "Unser Portfolio wird ständig daraufhin überprüft, was verkauft werden kann", sagt Raymund Karg von der BImA-Zweigstelle in Rostock. "Wir müssen uns von kleinteiligen, unwirtschaftlichen Objekten trennen." Irgendwann fiel auf, dass auch der Nutzen des Grabhügels für den Staat kaum messbar ist. Nachdem die Grundstückseigentümer aus der Högersdorfer Nachbarschaft das Angebot ausgeschlagen hatten, den Hügel zu kaufen, entschied sich die BImA für eine Versteigerung.

"So ein Fall wie dieser ist sehr ungewöhnlich", sagt Karg über die Immobilie und weist daraufhin, dass das Grab dem neuen Besitzer allenfalls eine ideelle Freude bereiten wird. "Jeder, der die Fläche erwirbt, weiß, dass er sie wirtschaftlich nicht nutzen kann." Die strengen Richtlinien verbieten zum Beispiel jegliche Grabungen, um im Innern des Hügels Ruhestörungen des ersten Nutzers zu vermeiden.

Immerhin entfallen für den historischen Erdhaufen manche Vorschriften, die viele Immobilienbesitzer plagen. So weisen die Verkäufer ausdrücklich daraufhin, dass die Schonsteinpflegerpflicht über das Gelände nicht angewendet wird. Der Erwerber kann sich auf seinem neuen Grundstück einigermaßen sicher fühlen, da "Altlasten und Kampfmittel" dort nicht vermutet werden. Beim Baujahr will sich die BImA nicht eindeutig festlegen. "Entfällt" heißt es in der entsprechenden Zeile des Angebots. Das Objekt gehört zu einer kleinen Gruppe vorgeschichtlicher Grabhügel südlich der B 206.

"Für uns im Dorf hatte das Grundstück bisher keine große Bedeutung", sagt Bürgermeisterin Astrid Wilken-Rath. "Die Eigentümer des Nachbargrundstücks haben den Hügel mitgepflegt." Dass die historische Stätte in ihrem Dorf den Besitzer wechselt, erfuhr die gebürtige Högersdorferin erst durch die Recherchen des Hamburger Abendblatts."Dort kann sich vielleicht jemand einen Liegestuhl hinstellen, aber wer will das schon?" fragt ein Nachbar.

Willi Kramer vom Archäologischen Landesamt in Schleswig hat eine andere These, warum man einen solchen Hügel kaufen könnte. "Es gibt Menschen, die so etwas sammeln", sagt der Wissenschaftler. Er geht davon aus, dass sich tief in dem Hügel ein Baumsarg mit einem Toten und jede Menge Beigaben befanden. Wer dort seit Jahrtausenden liegt, ist unbekannt. "So etwas wird nicht ausgegraben", sagt Kramer. "Dazu besteht keine Notwendigkeit."