Das Krankenhaus bleibt erhalten, aber die Paracelsus-Gruppe zieht sich zurück. Innerhalb eines halben Jahres soll Käufer präsentiert werden.

Henstedt-Ulzburg. Das Krankenhaus bleibt der Region erhalten, aber die Paracelsus-Gruppe zieht sich zurück: Innerhalb des nächsten halben Jahres soll die Klinik an der Wilstedter Straße den Besitzer wechseln. Wer künftiger Betreiber wird, steht noch nicht fest. Damit zieht die Osnabrücker Konzernleitung die Konsequenzen aus dem steigenden Wettbewerbsdruck und die nicht befriedigenden Geschäftsergebnisse in den vergangenen Monaten.

"Die Entscheidung ist uns nicht leicht gefallen", sagte Alfred Felscher, Sprecher der Geschäftsführung, gestern während einer Pressekonferenz in der Henstedt-Ulzburger Klinik. Auch das Gelände des früheren Standortes in Kaltenkirchen wird verkauft.

Erst im Frühjahr 2011 war der 28 Millionen teure Umbau der Paracelsus-Klinik abgeschlossen worden. 17 Millionen Euro hatte das Land Schleswig-Holstein zugeschossen. Neun Monate später kommt das Aus. Alfred Felscher nannte die "rasante Entwicklung" im Gesundheitswesen als Grund für diese überraschende Entscheidung, von der auch die rund 500 Mitarbeiter des Hauses nichts ahnten. Damit meinte der Sprecher der Geschäftsführung die Klinikkonzentrationen im weiteren Umfeld. "Auf diese Veränderungen mussten wir angemessen reagieren; es gibt für uns keine andere Möglichkeit." Der Wettbewerbsdruck in der Region sei enorm gewachsen, sämtliche Mitbewerber hätten in der Region mehrere Häuser und könnten so Synergien und wirtschaftliche Ressourcen heben. Diesen Wettbewerbsvorteil könnten die Paracelsus-Kliniken in dieser Region nicht aufholen. "Die beiden nächstgelegenen Paracelsus-Häuser Bremen und Hannover sind mehr als 150 Kilometer entfernt und damit für Synergieeffekte zu weit weg."

Die Paracelsus-Klinik Henstedt-Ulzburg habe nach ihrer Neueröffnung im vergangenen Jahr eine Auslastung von durchschnittlich 50 Prozent gehabt. Zwar sei das Patientenaufkommen jetzt wieder größer, aber insgesamt sei das Ergebnis nicht befriedigend. "Wir befürchten, dass wir den Kampf um Patienten langfristig verlieren würden", sagte Leitender Verwaltungsdirektor Hans Elbeshausen. Als eine "vorausschauende unternehmerische Entscheidung" bezeichnete die Geschäftsführung den bevorstehenden Verkauf des Henstedt-Ulzburger Hauses.

Den Um- und Ausbau der Klinik und das Zusammenlegen mit dem Kaltenkirchener Haus hält Alfred Felscher auch im Nachhinein für eine richtige unternehmerische Entscheidung. Den Vorwurf, hier sei ein Haus mit Fördermitteln das Landes "aufgehübscht" worden, um es anschließend mit Gewinn zu verkaufen, wies die Geschäftsleitung zurück. Die Krankenhausentwicklungen in der Region mit den starken Konzentrationen seien so nicht vorhersehbar gewesen, im Übrigen sei mit dem Land lange verhandelt worden. "Es wäre schließlich nicht gegangen, sich nach dem Förderbescheid zurückzuziehen", so Alfred Felscher. Die Fördermittel seien streng an das Haus gebunden und gingen per Grundbuch an den Erwerber über.

Ob die potenziellen Erwerber Schlange stehen, weiß die Unternehmensleitung zurzeit noch nicht. Über den Kaufpreis wird nichts gesagt - nur so viel: "Wir verkaufen nicht mit Gewinn." Als Makler fungiert die HSH Corporate Finance, ein Tochterunternehmen der HSH Nordbank. Etwas weiter ist das Unternehmen mit der Immobilie in Kaltenkirchen: Dafür zeigt die Evangelische Stiftung Alsterdorf Interesse - ein diakonisches Dienstleistungsunternehmen mit Angeboten für Beratung und Diagnostik, Wohnen und Assistenz, Bildung und Arbeit, Medizin, Pflege und Therapie für Menschen mit und ohne Behinderung.

Die Belegschaft der Henstedt-Ulzburger Paracelsus-Klinik wurde gestern Mittag während einer Betriebsversammlung über die neuen Entwicklungen informierte. Betriebsratsvorsitzende Bettina Bettin und Betriebsratsmitglied Siegfried Graf, gleichzeitig Mitglied im Wirtschaftsausschuss des Gesamtbetriebsrats, nahmen gestern an der Pressekonferenz und an der anschließenden Betriebsversammlung teil. Sie können die Argumente der Unternehmensleitung nachvollziehen. "Die Stimmung ist erstaunlich ruhig", sagte Siegfried Graf. Er hält es für unwahrscheinlich, dass die Personalzahlen im "patientennahen Bereich" zurückgehen werden.

Der Paracelsus-Konzern beschäftigt bundesweit rund 5000 Mitarbeiter. Sie versorgen jährlich mehr als 100 000 Patienten stationär. 17 Akut-Krankenhäuser sowie zwölf Rehabilitations-Kliniken und ambulante Einrichtungen gehören zur Gruppe. Für 2010 wies der Konzern einen Gewinn von 227 000 Euro aus, das operative Ergebnis (EBIT) lag bei fast elf Millionen Euro.