Auch den Freund der Tochter soll der Angeklagte massiv unter Druck gesetzt haben. Es soll über Jahre Gewaltausbrüche gegeben haben.

Norderstedt. Krach und Streit waren in dieser Familie über Jahre an der Tagesordnung: Anja B., 43, aus Norderstedt und ihre beiden Töchter lebten in ständiger Angst vor den Aggressionsausbrüchen des Vaters. Jörg B., 46, wurde besonders in angetrunkenem Zustand laut und beleidigend, gelegentlich auch handgreiflich. An einem Abend im Juli des vergangenen Jahres bedrohte B. seine Ehefrau mit den Worten: "Ich bring dich um, wenn ich dich jemals mit einem anderen sehe." Die 14-jährige Tochter des Paares rief daraufhin die Polizei, die den Norderstedter aus der Familienwohnung entfernte. Jetzt gab es ein Nachspiel vor dem Amtsgericht in Norderstedt. B. streitet allerdings ab, derartige Worte benutzt zu haben. Der Streit habe sich außerdem um die Tochter gedreht. Er habe es unmöglich gefunden, dass seine Noch-Ehefrau erlaube, dass sich deren Freund ständig in der Wohnung aufhalte.

Die einzige geladene Zeugin Anja B. scheint keine rechte Erinnerung an den in der Anklageschrift genannten Vorwurf zu haben. Sie erzählt davon, dass ihr Mann angetrunken in das Zimmer der Tochter gestürmt sei und sie als Hure und Schlampe beschimpft habe. Dem Freund der Tochter habe er gedroht, er würde ihm die Rübe abhauen, wenn er seine Tochter anfasse. Sie selbst habe er am Kopf festgehalten, als sie sich schützend vor die Kinder gestellt habe.

+++ War ein Familienstreit die Ursache für den Busunfall? +++

Von diesen Geschehnissen ist in der Anklage keine Rede. Bei der Polizei hatte Anja B. ausgesagt, der Streit sei eskaliert, weil sie ihr Bettzeug aus dem gemeinsamen Schlafzimmer geholt habe, da sie mit ihrem betrunkenen Mann nicht das Bett teilen wollte. Letzteres würde auch besser zur Tatzeit passen, denn die Polizei rückte gegen 1.30 Uhr in der Norderstedter Wohnung an.

Dem Verteidiger gelingt es, die Glaubwürdigkeit der Zeugin weiter infrage zu stellen, als diese angibt, sie selbst habe in der besagten Nacht nichts getrunken. Im Polizeiprotokoll ist bei ihr nämlich ein Promillewert von 1,114 festgehalten, bei ihrem Ehemann waren es 1,29 Promille. Beide Partner waren somit nicht nüchtern. Aus dem Zuschauerraum meldet sich die ältere Tochter des Paares zu Wort. Es habe über die Jahre ständig ähnliche Gewaltausbrüche des Vaters gegeben, da sei es normal, wenn die Mutter die Vorfälle durcheinander brächte, meint die Tochter, die wegen der Wutausbrüche des Vaters längst ausgezogen ist.

Richter Reinhard Leendertz erkundigt sich danach, ob jetzt Ruhe eingekehrt sei. Anja B. bejaht das. Sie hat unter ihre Ehe einen endgültigen Schlussstrich gezogen und ist froh darüber, wie sie sagt.

Es gebe eine richterliche Verfügung, nach der sich ihr Mann ihr nicht weiter als 150 Meter nähern darf, woran er sich auch halte. Der Richter stellt daraufhin das Verfahren ein.