Der Rechtsanwalt des mutmaßlichen Frauenmörders fordert ein weiteres Gutachten

Henstedt-Ulzburg/Kiel. Der Verteidiger des mutmaßlichen Frauen-Serienmörders Hans-Jürgen S. hält die Schuldfähigkeit des Angeklagten für fraglich. Im Prozess um den Mord an fünf jungen Frauen in Hamburg, Quickborn und Norderstedt forderte Rechtsanwalt Horst Schumacher am Montag vor dem Kieler Landgericht, eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Angeklagten zumindest in Betracht zu ziehen.

Nach Ansicht des Verteidigers berücksichtigt das vorläufige psychiatrische Gutachten nicht ausreichend Hinweise auf massive Entwicklungsdefizite und Verhaltensauffälligkeiten des 65 Jahre alten Angeklagten. "Eine diagnostisch und forensisch-psychiatrisch überzeugende Argumentation fehlt", sagte Schumacher. Er berief sich dabei auf einen von der Verteidigung beauftragten gerichtsmedizinischen Sachverständigen, der das vorläufige Gutachten überprüfte. Schumacher forderte, ein weiteres Gutachten einzuholen.

Schon im Vorfeld des Prozesses hatte die Verteidigung durchgesetzt, dass auch ein Sexualmediziner den Serientäter aus Henstedt-Ulzburg begutachtet. Der Familienvater und Großvater war 27 Jahre nach seinem letzten Mord durch eine DNA-Analyse überführt worden. Er wurde Anfang April festgenommen und sitzt in Untersuchungshaft. Der Mann gestand, zwischen 1969 und 1984 fünf junge Frauen ermordet zu haben.

Das vorläufige psychiatrische und das sexualmedizinische Gutachten sollen am Montag, 30. Januar, vor Gericht vorgetragen werden. Ob ein weiteres Gutachten eingeholt werden soll, muss die 8. Große Strafkammer noch entscheiden.

Würde ein Sachverständiger zum Ergebnis einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit des 65 Jahre alten Henstedt-Ulzburgers kommen, könnte der Angeklagte mit einer Strafmilderung rechnen. Auf Mord steht üblicherweise lebenslange Haft.