Verfahren gegen 53-Jährigen wegen Tierquälerei eingestellt. Der Bramstedter muss aber 500 Euro an den Tierschutzbund zahlen

Bad Bramstedt. Die Kuh muss furchtbar gelitten haben, bis Tierarzt Dr. Lewitz sie auf einem Schlachthof in Bad Bramstedt von ihrem Leid erlöste. Der Veterinär war zu dem im Hof des Schlachthofes liegenden Tier gerufen worden - und war geschockt von dem Anblick, der sich ihm bot: Mit einem engen Seil um den Hals versuchte das Rind röchelnd, zu Luft zu kommen. An den Fußgelenken befanden sich großflächige blutende Wunden, die Zitzen des Tieres waren stark gerötet.

Durch einen Schuss aus einem Bolzenschussgerät tötete Dr. Lewitz die Kuh und erstattete Strafanzeige gegen den Mann, der verantwortlich war für den elenden Zustand des Tieres. Wegen Tierquälerei musste sich der Transportführer Holger G., 53, aus Bad Bramstedt jetzt vor dem Amtsgericht in Neumünster verantworten.

Der Angeklagte hatte die Kuh zusammen mit anderen Rindern bei mehreren Höfen abgeholt und sie mit seinem Lkw zum Schlachthof gebracht. Nach eigener Aussage merkte der Angeklagte bei seiner Ankunft, dass die Kuh während der Fahrt umgefallen war und nicht wieder auf die Beine kam. Er habe mit mehreren auf dem Hof tätigen Reinigungskräften versucht, das Tier vom Anhänger zu ziehen, was nicht gelang, erzählt der Angeklagte vor Gericht.

Daraufhin habe er, da er es eilig hatte, weil schon weitere Auftraggeber auf die Abholung von Tieren warteten, ein Seil um den Hals der Kuh gebunden und das andere Ende an einem Stallgitter befestigt. Anschließend fuhr der Angeklagte mit seinem Lkw an, sodass die Kuh liegend über die Rampe vom Lkw heruntergeschleift wurde, wodurch sie sich die Zitzen verletzte und der Hals, wie es in der Anklageschrift heißt, stark überstreckt wurde.

Der Angeklagte ließ das gequälte Tier einfach im Hof liegen und fuhr mit seinem Wagen zur Reinigung. Eine Stunde soll die Kuh so auf dem Hof gelegen haben, heißt es in der Anklageschrift. Mitarbeiter des Schlachthofes wie auch der Tierarzt sprechen allerdings vor Gericht von einem Zeitraum von einer Viertelstunde, in der die Kuh auf dem Boden gelegen und verzweifelt versucht haben soll, wieder auf die Beine zu kommen. Zeugen sagen aus, das Seil um den Hals habe locker am Boden gelegen. Der Angeklagte habe gesagt, die Kuh werde sich schon wieder erholen.

So rekonstruiert Richterin Inken Stelling mithilfe des Tierarztes, dass sich das Befestigungsseil bei den Befreiungsversuchen des verzweifelten Tieres vermutlich immer enger um den Hals der Kuh geschnürt hat - mit der Folge, dass das Tier sich beinahe selbst stranguliert hätte.

Das habe er ganz und gar nicht beabsichtigt, beteuert der Angeklagte vor Gericht. Es sei ein schwerer Fehler gewesen, gibt Holger G. zu, erst im Nachhinein habe er sich Gedanken darum gemacht, was er dem Tier angetan habe.

Seit 20 Jahren arbeitet der Angeklagte schon als Transportführer mit Schlachthöfen zusammen. Sein Verteidiger betont, dass es noch nie Beschwerden über seinen Mandanten gegeben habe, und der sechsfache Vater jetzt in der Gefahr schwebe, ein Berufsverbot vom Amtstierarzt zu erhalten.

Es sei alles dumm gelaufen, meint die Richterin, denn wie im Prozess erörtert wurde, wäre es ohne großen Aufwand möglich gewesen, den auf dem Schlachthof in einem Büro anwesenden Tierarzt vom Zustand der Kuh zu benachrichtigen, dann wäre das Tier sofort auf dem Wagen getötet worden. Nach Meinung des Verteidigers hatte sein Mandant einfach ein Blackout und sich deshalb so falsch verhalten.

Die Richterin entscheidet schließlich, das Verfahren einzustellen - allerdings mit der Auflage, dass Holger G. 500 Euro an den Tierschutzbund zahlen muss.