Die Zahl der Klienten der Schuldnerberatung Bad Segeberg ist stark gestiegen. Besorgnis erregend war die Anzahl der Kurzzeitberatungen.

Kreis Segeberg. Reichlich zu tun hatten Barbara Lüdtke-Nunnenkamp, Susanna Kiefer und Kathrin Holst im vergangenen Jahr: Die drei Schuldnerberaterinnen der Verbraucherzentrale haben allein in der Beratungsstelle Bad Segeberg 200 Langzeitberatungen (so viel wie 2010) und 58 telefonische Hilfestellungen absolviert. Besorgnis erregend war dagegen die sprunghaft gestiegene Anzahl der Kurzzeitberatungen (bis drei Stunden): Waren es 2010 "nur" 123, so stieg ihre Zahl bereits bis Ende November auf 223 - "das ist dramatisch für uns", sagt die Leiterin Barbara Lüdtke-Nunnenkamp, "das sprengt unsere Kapazitäten". Denn jede Kurzberatung, die akut notwendig werde, "nimmt uns Zeit für die Langzeitberatungen weg."

Oft stünden Menschen vor ihrer Tür, die vor Schulden nicht mehr ein noch aus wüssten oder die vom Jobcenter (oder anderen Beratungsstellen) zu den drei Frauen geschickt wurden. 2011 waren dies allein 324. Die könne man ja nicht einfach fortschicken. Denn "bei jedem Klienten müssen wir ausloten, wie dringlich sein Beratungsbedarf ist", sagt Susanna Kiefer.

Warum verschulden sich Menschen? Die Segeberger Beraterinnen wissen es genau. Nicht immer sei dies selbst verschuldet. Teilweise seien die Löhne so niedrig, "dass sie zum Leben nicht reichen". Lüdtke-Nunnenkamp führt als Beispiel Arbeitnehmer von Sicherheitsdiensten, aber auch Kraftfahrer an. Denen würden oft nicht einmal Überstunden bezahlt. Der ganze Niedriglohnsektor sei so stark ausgebaut worden, dass viele den Unterhalt für ihre Familie davon nicht bestreiten könnten. Das treffe auch auf geringfügig Beschäftigte zu.

Und wer ein Jahr arbeitslos war, ist auf Arbeitslosengeld II angewiesen. Und das fällt schmal aus. "Wenn zuvor Zahlungsverpflichtungen bestanden haben, können die oft nicht mehr erfüllt werden. Und wenn dann die Heizkostennachzahlung fällig wird, gibt es ein Problem", sagt die Beraterin.

Bei jüngeren Klienten ist die Misere oft selbst verschuldet. So habe das Schuldenmachen durch Einkäufe im Internet deutlich zugenommen. "Das geht einfach, schmerzlos und schnell", betont Kathrin Holst. Bloß: Wenn die Rechnung kommt, wird sie häufig ignoriert. Bisweilen, so Lüdtke-Nunnenkamp, werde mit Klienten vereinbart, das Internet abzumelden, damit sie nicht ständig in Versuchung geführt würden. Als Schutzmaßnahme vor sich selbst.

Bei jungen Klienten weit verbreitet sind Handyschulden - für Telefonverbindungen oder für das neueste Gerät. Alte Leute rutschten nicht selten in die Miesen, wenn sie in Rente gehen und plötzlich das Einkommen nicht mehr ausreicht - dann kann es Probleme bei der Bedarfsdeckung geben.

Frauen und Männer sind übrigens zu gleichen Anteilen Klienten der Beraterinnen. Einen Unterschied gibt es aber: Frauen bitten eher um Hilfe, offenbaren sich eher: "Männer kommen oft erst, wenn sie wirklich verzweifelt sind." Etwa wenn sie wegen der hohen Schulden keinen neuen Job finden, weil der Arbeitgeber nichts mit Lohnpfändung zu tun haben will. Doch vielen Klienten können die drei Frauen helfen - und sei es über die Privatinsolvenz. Lüdtke-Nunnenkamp: "Wir sind froh, wenn die hier mit erhobenem Kopf hinausgehen, obwohl sie zuvor in geduckter Haltung gekommen waren."