Landesweit sollen Betreiber von Biogasanlagen Maissilage nicht richtig gelagert haben, und so das Grundwasser verunreinigt haben.

Kreis Segeberg. Über das Für und Wider von Biogasanlagen wird heftig diskutiert. Seit gestern aber ist bekannt, dass die Staatsanwaltschaft landesweit gegen die Betreiber von Anlagen ermittelt. Der Vorwurf: Durch unsachgemäße Lagerung werden Gewässer und Böden verseucht. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Kiel wird gegen rund ein Drittel der 29 Betreiber von Biogasanlagen im Kreis Segeberg ermittelt.

Wie die "Lübecker Nachrichten" gestern berichteten, haben zahlreiche Biostrom-Produzenten gegen Umweltauflagen verstoßen. Die Staatsanwaltschaft bestätigt diese Aussagen, weist aber auch darauf hin, dass es kein spezielles Problem des Kreises Segeberg ist. "Wir ermitteln auch im Kreis Rendsburg-Eckernförde", sagt Birgit Heß, Sprecherin der Staatsanwaltschaft in Kiel. "Ich kann mir vorstellen, dass auch anderswo ermittelt wird." In Schleswig-Holstein gibt es nach Angaben des Landwirtschaftsministerium derzeit rund 400 aktive Biogasanlagen, in denen Energiepflanzen - in der Regel Mais - durch Vergärung zu Biogas verarbeitet wird. In ganz Deutschland sind es rund 6000 Anlagen. Der mittels eines Generators erzeugte Strom wird in das Netz eingespeist.

In den von der Polizei angezeigten Betrieben ist Silagewasser in den Boden eingedrungen und droht das Grundwasser zu verunreinigen. Nach Angaben von Albrecht Blum, stellvertretender Leiter des Fachdienstes Abfall, Wasser und Boden in der Segeberger Kreisverwaltung wurde Mais-Silage in einigen Fällen auf unbefestigtem Boden gelagert in anderen Fällen waren die Lagerplätze überfüllt. In keinem Fall aber sei Biogas in einem ungenehmigten Betrieb erzeugt worden. "Einsichtig sind alle Betreiber", sagt Blum, der die aufgetretenen Fälle eher als "Kinderkrankheiten" in einer boomenden Branche bezeichnet. Silage-Wasser könne in sandigen Boden eindringen und nach Wochen schließlich ins Grundwasser gelangen, in dem sich der Sauerstoffgehalt verschlechtere und es so zu Verfärbungen und Geruchsbildung komme.

Für Arne Hansen, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Kreistag und Vorsitzender des Kreis-Umweltausschusses, ist das Genehmigungsverfahren für Biogasanlagen noch nicht ausgereift. "Dieser Bereich ist noch unreguliert, die Gemeinden haben im Prinzip kein Mitspracherecht." Das ist seiner Ansicht nach eine Angelegenheit des Bundes. Die Grünen fordern schon seit längerer Zeit ein Biogasanlagen-Kataster für den Kreis Segeberg, um einen Wildwuchs zu verhindern.

Staatsanwältin Birgit Heß bestätigt, dass etliche Silageplatten in einigen beanstandeten Betrieben tatsächlich nicht groß genug seien und es deshalb zu einem Einsickern des Silagewassers in das Erdreich gekommen sei. Die Staatsanwaltschaft gibt nicht bekannt, gegen welche Biogasanlagen-Betreiber ermittelt wird.

Vom Kieler Landwirtschaftsministerium wird die Vermutung auf ein nicht einheitliches und unausgereiftes Genehmigungsverfahren zurückgewiesen. Jede Anlage sei vor der Genehmigung ausreichend geprüft worden, sagt Ministeriumssprecher Gerald Fink. Stephan Gersteuer, Generalsekretär des Bauernverbandes Schleswig-Holstein, verweist auf die Vorschriften des Baugesetzbuches und spricht von einer "Hetzkampagne" gegen Mais und Biogas. Mais werde in Schleswig-Holstein derzeit auf 19 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche angebaut. "Große Teile der Bevölkerung wollen die Energiewende, aber die Auswirkungen will niemand haben." Tatsächlich könne es in Einzelfällen zu Mängeln bei der Lagerung kommen, deshalb sei die Überwachung durch die Wasserbehörde auch gut. Gersteuer geht davon aus, dass kein kriminelles Handeln der betroffenen Biogasbetreiber vorliegt, sondern in einigen Fällen eher unüberlegtes Handeln. Es habe nirgends eine "Razzia" gegen Betreiber von Biogasanlagen gegeben.

Johann Georg Mohr aus Wakendorf II, Landwirt und Geschäftsführer der Biogasanlage im Henstedt-Ulzburger Ortsteil Götzberg, gehört nach eigenen Angaben nicht zu den Betreibern, gegen die von der Staatsanwaltschaft ermittelt wird. Er beschreibt, wie seine Anlage, die einen Durchmesser von 25 Metern hat, abgesichert ist: Mit Betonboden und Seitenwänden. "Dadurch kann nichts auseinanderrutschen." Mohr kennt aber auch Anlagen im Kreis Segeberg, in denen es keine Seitenwände gibt - und auch die wurden vom Landesamt für Landswirtschaft und ländliche Räume, Außenstelle Lübeck, offenbar genehmigt.

In der Biogasanlage Götzberg könnte die Mais-Silage nach Angaben von Johann Georg Mohr bis zu 15 Meter hoch gelagert werden, obwohl die Silowände nur drei Meter hoch sind. So weit allerdings hat er es noch nicht kommen lassen: Im vergangenen Jahr sei die Silage im äußersten Falle bis zu vier Meter hoch gelagert worden - ohne Schaden für die Umwelt. Das Silagewasser werde in einen Fermenter geleitet, der Inhalt schließlich auf Felder gebracht. Belastetes Regenwasser gelange in einen abgedichteten Teich, der regelmäßig von Spezialfahrzeugen geleert werde. Die Götzberger Anlage, die Mohr zusammen mit den Landwirten Helmut Schmuck und Kai Henning Schröder betreibt, ist seit 2007 in Betrieb. Im Handelsregister ist sie unter "AgrarEnergie Götzberg" eingetragen.