Datenschützer sind gegen eine Überwachung, Interessenvertreter des Taxigewerbes sind dafür. Sie versprechen sich mehr Sicherheit für ihre Fahrer.

Norderstedt. Die Bestellung führt den Taxifahrer an einen einsamen, abgeschiedenen Ort. Dort angekommen, ist vom Anrufer keine Spur. Der Fahrer ist gezwungen, in der Umgebung nach der Person zu suchen. Irgendwo in einem nahen Gebüsch beobachtet ein Unbekannter die Szenerie. Kaum ist der Fahrer 20 bis 30 Meter von seinem Auto entfernt, geht es blitzschnell. Eine Scheibe des Taxis wird eingeschlagen, das Portemonnaie entwendet, und der Täter verschwindet in der Dunkelheit.

Nüchtern erzählt Taxi-Unternehmer Hans Werner Topp diese Begebenheit, die nicht einem Film entstammt, sondern vielfach in der Realität geschehen ist und auch künftig nicht immer zu verhindern sein wird. Seit 1997 ist der Norderstedter im Gewerbe tätig, heute umfasst sein Fuhrpark 22 Fahrzeuge, die zu regulären Beförderungen, aber auch für Kranken-, Einkaufs- und Rechnungsfahrten sowie Kurierdienste gebucht werden.

Auch Norderstedter Taxifahrer wurden bereits zu Opfern von Überfällen

Auch Fahrer von Hans Werner Topp, der selbst genauso wie seine Frau Hacer täglich unterwegs ist, wurden bereits Opfer von Überfällen. Nicht immer konnten die Täter anschließend ermittelt werden, denn zuverlässige Personenbeschreibungen sind angesichts von Dunkelheit und traumatisierten Geschädigten keine Selbstverständlichkeit. Es gäbe allerdings eine andere Möglichkeit, wie Hans Werner Topp erklärt. "Wenn ein Räuber auf dem Taxi eine Aufschrift wie 'Kamera an Bord' sieht, würde er die Tat wahrscheinlich nicht begehen. Es würde abschreckend wirken."

Konkret steht aktuell zur Debatte, inwieweit eine Überwachung des Taxen-Innenraums zulässig ist und unter welchen Bedingungen. Eine öffentlich gewordene Absprache der Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern in deren "Düsseldorfer Kreis" sieht weitreichende Beschränkungen für den Einsatz von Videokameras vor. Thilo Weichert, Landesbeauftragter für den Datenschutz in Schleswig-Holstein, wird sich mit seinem kompromisslosen Standpunkt keine Freunde machen in der Taxibranche: "Eine Überwachung wäre allenfalls während des Ein- oder Aussteigens, oder im Falle einer Gefahrensituation zulässig, und dann nur für 15 Sekunden", stellt er klar. Die Kernfrage sei: "An wen gehen die Daten, wie werden sie ausgewertet und aufbewahrt?"

Dem Hausrecht des jeweiligen Taxifahrers steht folglich der Persönlichkeitsschutz der Passagiere gegenüber, denn natürlich würde das Gros der aufgezeichneten Personen ohne kriminelle Intentionen einsteigen.

Für Thomas Krotz, Vorsitzender des Taxi- und Mietwagenverbandes in Schleswig-Holstein, ist die Art und Weise der Gewichtung ein "Hohn". Er verweist auf die Überfallstatistik. "In den vergangenen 15 Jahren sind 50 Taxifahrer ermordet worden. Ich kann nur sagen, dass die Sicherheit der Fahrer höchste Priorität haben muss! Natürlich möchte jeder Datenschutz, aber es geht um die Sicherheit und das Leben der Taxifahrer." Auch das Argument der gefährdeten Persönlichkeitsrechte ist für ihn nicht nachvollziehbar. "Ich sehe dort keine Freiheitsbeschränkung. Wer Bus oder Bahn fährt, wird auch gefilmt. Taxis sind ein Mittel des öffentlichen Personennahverkehrs."

In Bremen ist die Zahl der Überfälle nach einem Modellversuch gesunken

Die Forderung nach dauerhafter Videoüberwachung wird durch einen Modellversuch in Bremen gestützt. Seitdem dort in extra gekennzeichneten Taxis alle 15 Sekunden ein Bild an einen Server gesendet wird, liegt nicht nur die Aufklärungsquote bei 100 Prozent, sondern ist generell die Zahl der Überfälle signifikant gesunken.

Im Unternehmen von Hans Werner Topp hat bisher kein Fahrer eine Kamera in seinem Wagen installiert. Eine andere Vorgehensweise wird praktiziert. "Unser Fahrer sagt über Funk ein Codewort und wir wissen, dass er in Gefahr ist", so Topp. Gleichwohl würde er eine Genehmigung erteilen für das Einrichten eines Überwachungssystems, "wenn der Fahrer sich dann sicherer fühlt." Topp verweist ferner in diesem Zusammenhang auf das Thema Fahrgastsicherheit. Im September 2011 hatte ein Fall für Aufsehen gesorgt, als ein Taxifahrer aus Hasloh eine junge Frau in seinen Kofferraum sperrte.

Inhaltlich sind Datenschützer und Interessenvertreter des Taxigewerbes weit voneinander entfernt. "Ich würde mich weigern, in ein videoüberwachtes Taxi einzusteigen", sagt Thilo Weichert, während Thomas Krotz entgegnet: "Die Datenschützer zeigen überhaupt kein Verständnis für uns. Ich wüsste keinen Fahrer, der nicht gerne eine Kamera hätte. Wir müssen eine Lösung finden."

Hans Werner Topp sind derartig scharfe Worte fremd. Er wird die Diskussion verfolgen, wehrt sich aber gegen allzu dramatische Szenarien. "Das Taxi ist ein sicherer Ort."