Norderstedter Familie hat Starenkasten nachgebaut. Das täuschend echte Imitat aus Holz zeigt Wirkung

Norderstedt. Wer auf der Ochsenzoller Straße Richtung Herold Center fährt, tritt in Höhe der Hausnummer 40 unwillkürlich auf die Bremse. Der Starenkasten an der Grundstücksgrenze mahnt die Autofahrer, nicht zu rasen. Wer den grauen Kasten ignoriert, wird allerdings weder einige Meter weiter von Polizeibeamten rausgewunken, noch muss er mit Bußgeld oder gar Punkten in der Flensburger Verkehrssünderkartei rechnen: Im Kasten gibt es keine Kamera, überhaupt handelt es sich nicht um eins der von Autofahrern so geschätzten offiziellen Blitzgeräte. Was da in rund 1,80 Meter Höhe auf einem Pfahl thront, ist ein Nachbau - und zwar ein sehr gelungener.

Und eine Reaktion auf den Abbau der echten Blitzgeräte. Nur noch eine Anlage fotografiert in Norderstedt Temposünder: die Messgeräte an der Ortsumgehung Fuhlsbüttel. Doch dabei soll es nicht bleiben: "In einigen Wochen wird eine Anlage an der Kreuzung Poppenbütteler/Schleswig-Holstein-Straße installiert, um Rotsünder zu ermitteln", sagt Kai Hädicke-Schories, Verkehrsbeauftragter der Norderstedter Polizei. Dort kracht es vermehrt, weil Autofahrer von der Poppenbütteler Straße geradeaus über die Schleswig-Holstein-Straße fahren, obwohl sie noch Rot haben. Sie folgen dem grünen Licht für Rechtsabbieger.

Die Blitzgeräte bringen Millionen in die Kasse der Segeberger Kreisverwaltung

Hädicke-Schories kann sich auch vorstellen, eine Messanlage an der Oadby-and-Wigston-Straße aufzustellen. Zwischen dem Kreisel und der Holzbrücke gab es in letzter Zeit vermehrt Unfälle. "Dieser Standort ist allerdings bisher nicht mehr als meine persönliche Vorstellung", sagt der Beamte.

Die echten Starenkästen bringen Geld in die Kasse. Die genaue Summe wird zwar nicht ausgewiesen, da nicht alle Verkehrssünder zahlen, weil sie sich juristisch erfolgreich gegen ein Buß- oder Verwarngeld wehren. Fest steht allerdings, dass im Kreis Segeberg im Vorjahr acht Millionen Fahrzeuge erfasst wurden. Gut 80 000 Fahrer waren zu schnell unterwegs. Die meisten kamen mit einem Bußgeld davon, sie überschritten das Tempolimit um bis zu 20 km/h. Hochgerechnet ergibt das Einnahmen von 2,8 Millionen Euro. Abzüglich der Wartungskosten für die Messgeräte dürfte ein deutlicher Gewinn übrig bleiben. Der soll in den Straßenbau investiert werden.

"Wir müssen aber ganz deutlich darauf hinweisen, dass wir die Autofahrer nicht abzocken wollen. Messgeräte werden dort aufgestellt, wo es häufig zu Unfällen kommt", sagt Bernd Steiner, Leiter des Sachgebietes Verkehr bei der Polizeidirektion Segeberg. Oft sind die Radarkästen das letzte Mittel, um die Autofahrer zu Tempodisziplin zu erziehen, wie sich an der Ortsumgehung Fuhlsbüttel zeigt: "Alle Warnschilder und Tempolimits wurden ignoriert. Erst seitdem die Messanlage läuft, hat sich der Unfallschwerpunkt deutlich entschärft", sagt Hädicke-Schories.

Stationäre Anlagen stehen an der B 206 in Bockhorn, an der B 4 in Lentföhrden und an der B 432 in Leezen. Hinzu kommt ein mobiles Messkommando - nicht genug, wenn es nach dem Empfinden der Bürger geht. "Wenn man zusammenzählt, wie viele Leute sich bei uns beklagen, dass in ihrem Wohngebiet zu schnell gefahren wird, müsste man glauben, wir sind ein Volk der Raser", sagt Steiner. Doch die Messungen zeigten: Subjektives Empfinden und die Fakten stimmen nur selten überein. Es könne passieren, "dass ausgerechnet diejenigen, die uns gerufen haben, zu schnell unterwegs waren".

Nicht alle fordern staatliche Kontrolle, manche basteln selbst Warnhinweise

Doch nicht alle rufen nach staatlicher Kontrolle. So manche Familie mit kleinen Kindern bastelt Warnschilder oder mahnt die Autofahrer, wie die Familie Großkopf, mit originellen Eigenbauten zur Vorsicht. "Tatsächlich bremsen viele Autofahrer erst mal. Doch wenn sie sehen, dass es sich um eine Attrappe handelt, grinsen sie und winken", sagt Uwe Plambeck. Der Fliesenlegermeister im Ruhestand hat den Starenkasten aus Holz gefertigt. Tochter Anja Großkopf-Plambeck hatte das Vorbild in Hasloh entdeckt: "Das hat mir gut gefallen. Ich dachte, dass wir damit auch die Autofahrer bei uns dazu bringen können, nicht zu schnell zu fahren."

Ihr Vater schnitt Spanplatten zu, baute hinten eine Klappe ein und sägte vorn ein Loch aus - schließlich dient der Kasten nicht nur als Bremssignal, sondern auch als Wohnung für Stare. Unter dem Einflugloch montierte der Handwerker einen Reflektor, sodass die Bremswirkung auch nachts erreicht wird. Und Plambeck fertigte gleich einen identischen Kasten an. "Der steht an der Alten Dorfstraße und soll alle, die aus Richtung Hasloh kommen, an das Tempolimit erinnern", sagt er.

Dort nisten Stare, an der Ochsenzoller Straße Meisen. Doch nicht nur den Vögeln gefällt der Holzkasten: "Viele Autofahrer und Passanten halten an und fotografieren ihn", sagt Plambeck.