Überfall auf Ehepaar und auf die Chefin der Segeberger Kliniken: Detaillreich berichtet das Opfer Marlies Borchert von jenem Abend, der ihr Leben bis heute nachhaltig veränderte.

Bad Segeberg/Lübeck. Der Rumäne Florin L. (24) soll einer der vier an zwei Raubüberfällen auf ein Juwelierehepaar in Stockelsdorf und die Chefin der Segeberger Kliniken im Februar 2009 beteiligten Täter sein, von denen zwei bereits zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt wurden.

Nachdem Florin L. eine siebenmonatige Gefängnisstrafe wegen Betrügereien mit gefälschten Kreditkarten in Österreich abgesessen hat, wurde er nach Deutschland ausgeliefert, wo ihm jetzt vor der großen Strafkammer des Landgerichts in Lübeck der Prozess gemacht wurde.

Da die inhaftierten Mittäter bereits "ausgepackt" haben, möchte der Angeklagte jetzt, wie er sagt, einen "Schlusstrich ziehen" und legt ein Geständnis ab.

Nach Deutschland kam der gelernte Mechatroniker, weil er Arbeit suchte. In Hamburg lernte er Hagen L. (50) kennen, der jetzt wegen der beiden Raubüberfälle inhaftiert ist. Hagen L. versprach dem Angeklagten, ihm eine Arbeit zu besorgen, rückte aber stattdessen mit den Plänen für die Raubüberfälle heraus. Gemeinsam mit dem ebenfalls inzwischen verurteilten Rumänen Sorin O.(27) und einem weiteren noch in Österreich inhaftierten rumänischen Mittäter kundschaftete man den Juwelierladen in Stockelsdorf aus.

Das Juwelierehepaar schloss seinen kleinen Laden jeden Abend gegen 18 Uhr und ging dann in das in der Nähe gelegene Wohnhaus. Am Abend des 9. Februar 2009 überfiel die maskierte Räuberbande das Ehepaar in deren Wohnhaus. Bei diesem Raubüberfall erschöpfte sich der Tatbeitrag des Angeklagten darin, dass er an der Straße vor dem Haus "Schmiere" stand.

Bei dem Überfall auf die Klinikchefin Marlies Borchert war es der Angeklagte, der die 66-Jährige an den Beinen mit Klebeband fesselte und ihr den Mund zuklebte. Vernommen wird der "Anführer" der Räuberbande, Hagen L., der bestätigt, dass die gesamte Planung der Verbrechen in seinen Händen lag. Er bestreitet aber weiterhin, dass die Waffe geladen war, angeblich entfernte er vor der Tat das Magazin. Erschütternd ist der Bericht des Überfallopfers Marlies Borchert, die detaillreich von jenem Abend erzählt, der ihr Leben bis heute nachhaltig veränderte.

Kurz zuvor hatte sie ihren 65. Geburtstag gefeiert und noch in einem Hotel Gäste betreut, als sie am Abend des 17. Februar 2009 müde ihre Haustür aufschloss. Plötzlich wurde sie von zwei maskierten Männern in den Flur gestoßen und mit einer Pistole bedroht. Einer der Täter sprach einige Brocken Deutsch und rief "Gold", worauf sie ihm ihren Schmuck gab und den Tätern den Tresorschlüssel aushändigte.

Während einer der Täter das obere Stockwerk des Hauses durchsuchte, fesselte sie ein anderer im Wohnzimmer an den Beinen und Armen, später wurde ihr der Mund zugeklebt. Als die Täter weg waren, gelang es Frau Borchert, einen Fuß zu befreien und auf die Straße zu laufen.

Als die Richterin fragt, wie es ihr jetzt ginge, bricht die Frau in Schluchzen aus und kann kaum weitersprechen. Besonders im Dunkeln habe sie nicht gewagt, nach Hause zu kommen und habe sich ein Hotelzimmer genommen. Ihr Haus hat Frau Borchert inzwischen mit einer aufwendigen Alarmanlage ausgestattet.

Schmuck im Wert von 265 000 Euro stahlen die Täter und verkauften ihn für nur 22 000 Euro auf dem Schwarzmarkt. Die Versicherung erstattete der Klinikchefin 200 000 Euro, aber schlimmer wiegt für sie neben dem seelischen Schaden der Verlust des ideelen Wertes, da es sich teilweise um Erbstücke handelt.

Der Angeklagte entschuldigt sich bei seinem Opfer, was Marlies Borchert annimmt.

Der Prozess wird mit den Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung und voraussichtlich dem Urteil am Mittwoch, 28. April, fortgesetzt.