Auch im Kreis Segeberg ist der Bestand der Schwarzkittel stark angestiegen. Um brisante Begegnungen mit dem Borstenvieh zu vermeiden, gilt für Waldspaziergänger: auf Wegen bleiben, Hunde unbedingt anleinen!

Kreis Segeberg. Der Amoklauf einer Wildschweinrotte in Hamburg-Volksdorf am Wochenende hat für Aufsehen gesorgt. Ein Tier rast durch eine Glasfront bis in ein Büro und kann erst durch Schüsse aus einem Jagdgewehr getötet werden. Wiederholt wurde zuletzt aus mehreren Orten in Norddeutschland von solchen Stampeden von Wildschweinen berichtet.

Die Experten, wie auch Dr. Volker Henschel als Vorsitzender der Kreisjägerschaft Segeberg, glauben, dass die bis vor Kurzem extreme winterliche Witterung die eigentlich scheuen Wildtiere auf der Suche nach Nahrung bis in die Vorgärten am Rande der Großstädte getrieben hat. "Die Sauen arrangieren sich schnell", beschreibt Henschel die große Anpassungsfähigkeit der Wildschweine, die Allesfresser sind.

Der Vorsitzende der Kreisjägerschaft sagt, der hiesige Bestand an Wildschweinen sei "stark angewachsen". Das liegt voll im Bundestrend. Gab es in den 40er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts zum Beispiel auch in Schleswig-Holstein quasi gar keine Wildschweine mehr in freier Natur, so lag die Jagdstrecke in den 60er-Jahren in Deutschland bei unter 30 000 Tieren per anno. In den Jahren 2000 bis 2003 wurden indes in ganz Deutschland jeweils mehr als 500 000 Wildschweine geschossen.

Wer sich dieser Tage in das eigentliche Revier des Schwarzwilds begibt, sollte Rücksicht walten lassen und vorsichtig sein, wie jüngst auch Andreas Kinser, Jagdexperte der Deutschen Wildtier Stiftung aus Hamburg, geraten hatte (Norderstedter Zeitung berichtete): Die Muttertiere (Bachen) sind mit den ersten Frischlingen unterwegs - und verteidigen ihren Nachwuchs ebenso renitent wie wehrhaft. Das wissen natürlich auch die Jäger wie Volker Henschel: "Das kann ganz schnell gehen. Wenn sich die Bache in die Enge getrieben glaubt, wird es gefährlich!" Der Rat an Waldspaziergänger lautet deshalb: Auf den Wegen bleiben und Hunde unbedingt anleinen!

Die Jagd auf Wildschweine ist und bleibt gefährlich - und galt einst, in der Zeit ohne Schusswaffen, als außerordentliche Mutprobe. An den früheren Fürstenhöfen wurden große Meuten von Jagdhunden gehalten, mit denen man auf die Hetzjagd nach Wildschweinen ging. Die kostbaren Hunde, die auch Saupacker oder Sauhunde hießen, wurden durch Halsbänder und Brustpanzerungen vor den gefährlichen Attacken der Wildschweine geschützt. Bei diesen Sauhatzen trieben die Jagdhunde die Wildschweine auf die Jäger zu und wurden mit der sogenannten Saufeder erlegt.

Wolf-Gunthram Freiherr von Schenck, Geschäftsführer des Wildparks Eekholt und selbst Jäger, verweist bei der Frage nach dem starken Anstieg der Wildschweinpopulation vor allem auch auf das aus Sicht der Tiere zurzeit sehr gute Nahrungsangebot, gerade auch durch großflächigen Maisanbau in der Region. Dass die Tiere sich bis in hiesige Ortschaften trauten, sei vermutlich wegen des strengen Winters "aus der Not geboren". Von Schenck verweist aber auch auf das Umland von Berlin, wo die Wildschweine teils jede Scheu verloren hätten "und sich vom Menschen gar nicht mehr stören lassen".

"Das sind keine Streicheltiere", betont der Wildpark-Chef, "und einen anderen Eindruck wollen wir auch nicht vermitteln." Natürlich ließen sich frei lebende Schwarzkittel nicht so einfach vom Menschen füttern wie die Tiere in Eekholt. Wolfsexperte Wolf von Schenck weiß: "Wildschweine sind sehr wehrhaft. Auch ein starker Wolf kann gegen einen Keiler den Kürzeren ziehen." Dennoch warnt der Wildtierexperte vor Panikmache in punkto Wildschweine: "Es sollten generell die Tiere im Wald nicht gestört werden. Die Wildschweine suchen sich Rückzugsmöglichkeiten, sogenannte Dickungen. Durch diese Bereiche sollten weder Menschen laufen noch Hunde stöbern."