Tim Weidenbecher und Christian Birmele (Kodokan Norderstedt) holen in Athen WM-Gold.

Norderstedt. Vor einem halben Jahr war Tim Weidenbecher noch Dauergast im Reha-Zentrum Nord an der Stettiner Straße. Nach einem Innenmeniskusriss im rechten Knie und anschließender Operation war für den 15 Jahre alten Ju-Jutsu-Kämpfer vom Norderstedter Verein Kodokan an Sport nicht zu denken. Stattdessen absolvierte Tim geduldig seine Aufbauübungen, trainierte fleißig den Oberkörper und wartete sehnsüchtig auf den Moment, endlich wieder seine Gegner auf die Matte werfen zu können.

"Ich habe erst vor zwei Monaten wieder richtig mit dem Training begonnen", sagt der 1,88 Meter große Athlet. In diesen zwei Monaten sicherte sich der Schüler des Gymnasiums Harksheide unter anderem den dritten Platz bei den internationalen German Open und bestätigte damit seine Nominierung für die Junioren-Weltmeisterschaften in Athen.

"Mein Ziel ist eine Medaille", sagte Weidenbecher vor dem Abflug in die Hauptstadt Griechenlands. Trainer Stefan Jacobs war voller Hoffnung und ging sogar noch einen Schritt weiter. "Ich traue Tim eine Menge zu. Wenn alles gut läuft, kann er ganz vorne landen", sagte der Coach, der am Kampftag seinen 49. Geburtstag feierte. Der Zehntklässler enttäuschte seinen Trainer nicht und setzte sich gegen die gesamte U 18-Konkurrenz der Gewichtsklasse bis 81 Kilogramm durch. Im Finale besiegte er den Russen Alexander Piletsky nach Punkten. Nur wenige Minuten vorher hatte bereits Vereinskamerad Christian Birmele (bis 73 Kilogramm) gewonnen. "Tim warnte mich und sagte, ich solle bloß nicht vorlegen. Denn dann müsse er ja nachziehen", sagte Birmele lachend.

Der 17-jährige Quickborner legte tatsächlich vor, besiegte den Rumänen Marius Lixandru und holte bei seiner Weltmeisterschaftspremiere auf Anhieb ebenfalls Gold. "Ich habe bei der Siegerehrung erstmals registriert, dass ich jetzt Weltmeister bin. Es war ein tolles Gefühl, als die Nationalhymne gespielt und die Flaggen aufgezogen wurden", erinnert sich Birmele. Die beiden Goldmedaillengewinner und ihre beiden Vereinskameradinnen Sandy Krohn und Sina Weidenbecher, die jeweils nach den Vorrunden ausschieden, verzichteten aber auf ausschweifende Feiern. "Wir waren noch kurz essen und duschen und sind dann auch ins Bett gegangen", sagt Christian Birmele, der seit zwölf Jahren Ju-Jutsu-Kämpfer ist. "Die Sportart ist toll, weil sie vielseitig ist und nicht von jedem ausgeübt wird. Früher habe er auch noch Fußball gespielt. Das Training hat sich irgendwann aber überschnitten - und ich habe mich für das entschieden, was mir mehr Spaß macht, nämlich Ju-Jutsu."

Nach den beiden sensationellen Titelgewinnen erlebten die Ju-Jutsu-Kämpfer bei der Ankunft am Flughafen Fuhlsbütel noch eine weitere Überraschung: Freunde, Fans und Vereinskameraden versammelten sich, hielten selbst gemalte Spruchbänder hoch und hießen die frisch gebackenen Weltmeister willkommen. Die allerdings wurden tags darauf schon wieder von der Realität eingeholt. "Eine Deutscharbeit stand an", sagte Tim Weidenbecher. Ob er dabei auch weltmeisterlich abgeschnitten hat, steht noch nicht fest...