Die Familie Bockholt freut sich, dass ihr Baum in der Kirche Weihnachtsatmosphäre verbreiten soll. Ein Kran hob sie am Freitag aus dem Garten.

Norderstedt. Über 30 Jahre stand sie majestätisch im Garten. Allerdings, das war das Problem, direkt vor dem Wohnzimmerfenster: Die Nordmanntanne am Haus der Familie Bockholt am Jägerlauf - ein in die Jahre gekommenes Schmuckstück. Die Bockholts sind die Tanne jetzt los, dafür entfaltet sie ihren Glanz woanders: Am Montag wird der 10,40 Meter hohe Baum in der Hamburger St. Michaeliskirche aufgebaut.

1978 oder 1979, so genau weiß das jetzt keiner mehr, stand die Tanne als kleines Weihnachtsbäumchen mit Wurzelballen im Wohnzimmer von Karin und Wolfgang Bockholt, beide Jahrgang 1950. Anschließend kam der Baum in den Garten. Schön dicht am Haus fand die Tanne genügend Schutz, um prächtig zu gedeihen. Zuletzt überragte sie das Einfamilienhaus um etwa einen Meter. Groß, aber rank und schlank, kräftig und von oben bis unten voller Nadeln. Keine kahlen Stellen. Nirgends. Dann kam die Gartenbaufirma "Die Gestalter Brinkmann GmbH" aus Hamburg-Moorfleet ins Spiel. Seit vier Jahren ist Firmenchef Lars Brinkmann für die Weihnachtstanne im Hamburger Michel zuständig. Er besorgt sie mit Vorliebe aus privaten Gärten, weil diese Bäume dort mehr als im Wald die Chance haben, sich nach allen Seiten frei zu entfalten. Über den Hemdinger Tannenbaumhändler Heinz Querling wurde Brinkmann auf die Tanne am Jägerlauf in Norderstedt aufmerksam gemacht. Die nämlich wollte die Familie Bockholt gerne loswerden. Lars Brinkmann nahm die Tanne in Augenschein und hielt sie für geeignet, um im Michel weihnachtlichen Glanz zu verbreiten.

Freitag rückte Lars Brinkmann mit drei Mitarbeitern an. Aus Glückstadt kam Zeltverleiher Peter Burgdorf mit seinem Kranwagen.

Die Tannenbaumaktion am Jägerlauf verlief routiniert, geriet aber zu einem kleinen Volksfest unter den Nachbarn. Sie alle kamen zusammen, um das ungewöhnliche Schauspiel zu beobachten. Der Kranwagen passte genau in die Auffahrt, die Kirschlorbeerhecke allerdings wurde etwas in Mitleidenschaft gezogen. Im oberen Drittel des Baumes wurde das Seil angebracht, unten der Baum abgesägt. Ganz vorsichtig balancierte Kranführer Peter Burgdorf die Tanne dann per Fernbedienung aus dem Garten heraus und hinauf auf den Anhänger hinter Lars Brinkmanns Auto. Anschließend gab es in der Bockholtschen Garage Kaffee und Kuchen für die Beteiligten und alle Nachbarn, die am Spektakel teilgenommen hatten.

Für die Firma Brinkmann ist der Fall damit noch nicht erledigt. Das Wochenende verbringt die Tanne auf dem Anhänger, der auf dem Betriebshof des Unternehmens in Moorfleet steht. Montag um 7 Uhr beginnt die Arbeit im Hamburger Michel. Mit 15 Leuten wird die Norderstedter Nordmanntanne dann durch die 1,80 Meter breite Tür des Michels gehievt, per Seilwinde hochgezogen, in einem großen Tannenbaumständer befestigt und zusätzlich von einem Stahlseil gehalten. "Diese Tanne ist ideal dafür", stellte Lars Brinkmann am Freitag in Norderstedt fest. "Sie ist schön schmal und passt deshalb gut durch den Eingang des Michels." Das Schmücken der Tanne übernimmt die Firma Brinkmann auch.

Mit großen Tannen hat Lars Brinkmann übrigens Erfahrungen: Auch die 23 Meter hohe Tanne am Mönckebergbrunnen hat er von seinen Mitarbeitern aufstellen lassen. Sie stammt aus einem Privatgarten in Neuengamme und war per Zeitungsanzeige gefunden worden. Die Michel-Tanne wird übrigens von der Firma Philips finanziert.

Karin und Wolfgang Bockholt werden von "ihre" Tanne natürlich gebührend Abschied nehmen: Ein vorweihnachtlicher Besuch im Michel ist ganz fest eingeplant.