Sorgfältig, als würde sie eine Weihnachtsganz füllen, sticht Martha Jellneck in die Folie, in die das “Essen auf Rädern“ gewickelt ist. Bedächtig injiziert sie das Gift, das sie für ihren alten Dackel Afra organisierte, in das Essen.

Norderstedt. Es ist für Franz Laub bestimmt, der ein paar Häuser weiter wohnt. Franz Laub hieß auch Martha Jellnecks Bruder. Der aber fiel im Krieg. Entsetzt hat Martha entdeckt, dass der Franz Laub, der wie sie "Essen auf Rädern" von einem netten Zivi erhält, der SS-Hauptsturmführer Diekmann ist. Und der hat in Frankreich ein kleines Mädchen erschossen. Einfach so.

Ellen Schwiers ist Martha Jellneck, und die Grande Dame der Bühne spielt die Rolle der alten Dame lebensecht. Mit kleinen Schritten tippelt sie durch die Dachwohnung, doch im Gespräch mit dem falschen Franz wird sie zur großen Dame.

Gerade Ellen Schwiers leises, eindringliches Spiel macht betroffen. Schwiers' Verzweiflung ist ebenso glaubwürdig wie ihre Abneigung gegen Altersheime, ihre Zuneigung zum Zivi Thomas, der von Markus Maria Winkler überzeugend gespielt wird. Dazu kommt Josefine Merkatz als Nachbarin Hanne, die für Martha einkauft und auf ihre Dachwohnung scharf ist.

Mit ihrem Bruder Holger Schwiers, der den Franz Laub mit Nazi-Gehabe gibt und die alte Dame fies abblitzen lässt, führt Ellen Schwiers auch Regie in dem Stück der Hamburger Autorin Beate Langmaack. Beide erweisen sich als große Erzählmeister, und das Jacob-Schwiers-Unternehmen "Das Ensemble" erhielt für "Martha Jellneck" den Inthega-Preis.