Wache soll demnächst einen barrierefreien Zugang bekommen: Behindertenbeauftragte: “Die Stadt hat bundesweit Vorbildcharakter.“

Norderstedt. Er will zur Polizei, eine Zeugenaussage machen. Doch vor der Wache an der Europaallee in Norderstedt türmt sich ein Hindernis auf: Acht Steinstufen führen zum Eingang. "Ich hatte viel Mühe, da hochzukommen", sagt Rolf Decker (65). Der Norderstedter ist gehbehindert und auf einen Stock angewiesen. Gerade eine so wichtige Institution wie die Polizei sollte für alle Menschen gleichermaßen zugänglich sein, fordert Decker und zeigt auf das Finanzamt: Keine 50 Meter weiter erlaubt eine Rampe Rollstuhlfahrern den Weg in die Behörde.

Das Problem ist bekannt: "Das Land hat uns zugesagt, dass wir demnächst einen barrierefreien Zugang bekommen werden", sagt Polizeichef Dieter Aulich. Das Projekt hat sich hingezogen, da auf der Vorderseite des Gebäudes nicht ausreichend Platz für einen behindertengerechten Eingangsbereich ist. Die Lösung des Problems: Die Treppe wird an die Seite verlegt, so können vorne ein Aufzug und eine Wendefläche für Rollstuhlfahrer gebaut werden. "Anfang November erhält das Innenministerium als Nutzer der Liegenschaft die Unterlagen zur Genehmigung der Baumaßnahme. Stimmt das Ministerium zu, wird der Umbau im nächsten Jahr realisiert", sagt Susanne Abraham, Sprecherin vom Gebäudemanagement Schleswig-Holstein - die Landesgesellschaft betreut die öffentlichen Gebäude des Landes.

Bis dahin müssen gehbehinderte Menschen mit einem Provisorium leben. "Wir haben unten an der Treppe einen Taster angebracht. Wenn dort geklingelt wird, kommen wir raus und nehmen Anzeigen auf oder führen die Kunden durch den Seiteneingang ins Revier", sagt Aulich.

Insgesamt sei Norderstedt sehr behindertenfreundlich, sagt die städtische Behindertenbeauftragte Inge Gravenkamp. Die Stadt habe bundesweit Vorbildfunktion. Mitarbeiter von Verwaltungen anderer Städte holten sich bei ihr Rat. Viele Bordsteine seien abgesenkt und nun so hoch, dass Rollstuhlfahrer und Blinde gut über die Straßen kommen. Auch die modernen U-Bahnwagen und die Niederflurbusse bildeten keine Hindernisse mehr. Anders sehe das bei den Zügen der AKN aus. Die Fahrgäste müssten beim Einsteigen mindestens eine Stufe erklimmen. Doch die neuen Züge mit barrierefreiem Zugang würden bald kommen.

Auch Trenn- und Leitstreifen für Blinde und Sehbehinderte würden zunehmend eingerichtet. "Wo neu gebaut oder modernisiert wird, wird diese Orientierungshilfe installiert", sagt die Behindertenbeauftragte. Beispiele seien die südliche Ulzburger Straße, das Einkaufszentrum am Schmuggelstieg und das Neubaugebiet "Frederikspark". Auch bei der Planung der Landesgartenschau 2011 würden die Bedürfnisse Behinderter berücksichtigt.

Nach aktueller Gesetzeslage müssen öffentlich zugängliche Neubauten barrierefrei konstruiert werden. Das gilt, so Gravenkamp, nicht nur für kommunale Gebäude, sondern beispielsweise auch für Supermärkte und Kneipen. "Wenn bei uns wie jetzt Schulen saniert werden, schafft die Stadt auch gleich behindertenfreundliche Zugänge", sagt die Behindertenbeauftragte, die seit 17 Jahren im Amt ist.