Für die “Rescue Days“ wurde die Innenstadt zum Schauplatz für Bus- und Autounfälle. Tausende Zuschauer waren live beim Einsatz dabei.

Norderstedt. Apokalypse am Sonntag auf dem Rathausmarkt. Schreiende Menschen mit klaffenden Fleischwunden. Schwerverletzte liegen zitternd am Boden. Ein Toter wird aus einem verunglückten Linienbus geborgen. Rettungskräfte der Feuerwehren, Notärzte und Sanitäter eilen von Patient zu Patient, Einsatzleiter brüllen Kommandos und koordinieren das Chaos.

Feuerwehrleute nennen so ein Busunglück übrigens nicht unsachlich Apokalypse. Sie nennen es sachlich einen MANV, einen "massenhaften Anfall von Verletzten".

Der MANV war am Sonntag so etwas wie das Highlight beim Publikumstag der "Rescue Days", der weltweit größten Ausbildungsveranstaltung für Rettungskräfte, die am Wochenende Norderstedt zu einem angenommenen Katastropheneinsatzgebiet und zum Publikumsmagneten machte. Tausende Zuschauer entlang der Rathausallee konnten live dabei sein, als über 500 Feuerwehrleute aus aller Welt den Einsatz neuester Rettungstechnik probten.

Beim MANV, so erklärt ein Ausbilder, stehe die Zahl der Verletzten im krassen Unverhältnis zur Zahl der Retter. Sprich: Kriegsähnliche Zustände. Feuerwehr und Rettungspersonal müssen reibungslos gemeinsam agieren, zwischen schwer-, leicht- und unverletzten Menschen "triangieren" und nach dieser Priorität helfen. Das Schlimmste dabei sei, dass man auch mal "einen liegen lassen muss", weil bei ihm die Hilfe mutmaßlich zu spät, für ein Opfer daneben aber gerade noch rechtzeitig kommt.

Es sind Einblicke wie diese, die dem Zuschauer bei den "Rescue Days" klar machen, in welchen Ausnahmesituationen sich die Retter von Feuerwehr und Rettungsdienst täglich befinden und wie wichtig perfekte Rettungstechnik am Einsatzort sein kann.

Bereits am Freitag präsentierte sich die Norderstedter Innenstadt als einziges Trümmerfeld. Hersteller aller Marken stellten für die "Rescue Days" Testautos zum fachgerechten Verunfallen zur Verfügung. Der eine oder andere zermatschte, ansonsten nagelneu erscheinende Mercedes löste bei manchem Norderstedter Zuschauer Mitleid aus: "Schade um das schöne Auto!"

Die Teilnehmer bewegten sich in Gruppen von Übungsstation zu Übungsstation. "Pkw nach Unfall auf Dach liegend" oder "Pkw in Seitenlage mit Hindernis" lauteten beispielsweise die Aufgabenstellungen. Und immer galt es für die Retter und Helfer aus aller Welt, unter Anleitung der Ausbilder nicht nur die modernen Rettungsgeräte schnell und effektiv einzusetzen, sondern vor allem auch als Team zu funktionieren. Und das natürlich in voller Einsatzkleidung. "Ein strammes Programm", sagte ein Berufs-Feuerwehrmann aus dem österreichischen Linz. Stichwort Internationalität: Bei den "Rescue Days" arbeitete sich zum Beispiel ein Feuerwehrmann aus Bönningstedt mit einem Kollegen von der "Brandweer Amsterdam" zu einem "Verletzten" in einem total zertrümmerten Pkw vor; der Pinneberger Feuerwehrchef agierte gemeinsam mit einem Teilnehmer aus Luxemburg. Und sogar aus Japan und den Vereinigten Arabischen Emiraten (Abu Dhabi) waren Einsatzkräfte nach Norderstedt angereist. Auch die USA waren vertreten: Terry Salvi, Leutnant der Fire Fighters aus Bedford im Bundesstaat Ohio. Der US-Amerikaner war bereits zum fünften Mal bei den "Rescue Days" dabei und agierte, in schönstem "Dinglish", als Ausbilder an der Station "Pkw unter Trailer".

Norderstedts Rathaus-Sprecher Kai-Jörg Evers sprach von einer mehr als gelungenen Veranstaltung für die Stadt Norderstedt: "Die Übungen im Herzen der Stadt zu inszenieren, das hat die Zuschauer und auch die Veranstalter begeistert."