Beim Rundgang erfahren Sie, was die Menschen früher gegessen haben, und was gegen eine blutende Nase half.

Norderstedt. Morgens Kohlsuppe, mittags Steckrübenkoteletts, abends Kuchen aus Steckrüben - so sah der Speiseplan für viele Menschen im Hungerwinter 1916/17 aus. Die Kartoffelernte war ausgefallen, Steckrüben aber gab es in riesigen Mengen. "Auch nach dem Zweiten Weltkrieg dienten die Rüben wieder als Grundlage vieler Gerichte, sogar Pudding wurde aus Steckrüben hergestellt", sagt Norderstedts Stadtarchivar Manfred von Essen beim Rundgang durchs Stadtmuseum. Steckrüben und Senfwickel - vergessene Kochrezepte und Heilkünste mit Pflanzen heißt die aktuelle Ausstellung, die das Stadtmuseum, die Stadt mit Agenda-Büro und dem Fachbereich Umwelt und der Weltladen in den Räumen am Friedrichsgaber Weg 290 zeigen. Noch bis zum 29. Oktober können sich Interessierte ein Bild von der Geschichte der Nahrungsmittel machen.

Und das nicht nur mit Augen und Gehirn. Tastsinn ist bei der Bestimmung von Zwiebeln, Kartoffeln und Co gefragt, die Nase kann unterschiedliche Kräuter identifizieren. Dass sie Speisen erst die richtige Würze verleihen und heilen können, wussten unsere Vorfahren. Die sammelten schon vor 500 000 Jahren wild wachsende Pflanzen, später zogen sie Kümmel, Thymian, Rosmarin, Maggikraut und andere Kräuter in Gärten. An einer Station der Ausstellung können die Besucher ihr Kräuter-Wissen testen und erfahren, dass Bauernrosen krampflösend wirken, Rosskastanien gegen Venenbeschwerden helfen und Stiefmütterchen Schleim lösen. Im Mittelalter boomte die Naturheilkunde, wie Hunderte von eng beschrieben Seiten in einem alten Rezeptbuch beweisen. "Kümmel, gesotten und gestoßen mit Essig, daran gerochen, vertreibt das Bluten der Nase", ist da zu lesen. Die Besucher können auch selbst Rezepte oder Tipps zum Heilen von Krankheiten aufschreiben.

Die Ausstellung erinnert an die Mangelzeit nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Menschen gehamstert und getauscht haben, Butter und Brot mit Lebensmittelmarken zugewiesen bekamen. "Erst waren die Menschen Selbstversorger, dann haben sie bei den Bauern gekauft, auf den Wochenmärkten und schließlich im Supermarkt", sagt von Essen. Beliebt war das Garstedter Landbrot. Das gab es beispielsweise auf dem Wochenmarkt am Ochsenzoll, der bis 1953 der größte Markt der Region war. Plastikkörbe und Tüten gab es noch nicht, die Kunden ließen sich die Kartoffeln lose in den Drahtkorb auf dem Fahrrad-Gepäckträger schütten oder zogen ihre Einkäufe im hölzernen Bollerwagen nach Hause.

Die Brücke in die Gegenwart schlägt der Weltladen Norderstedt. Er ist mit fair gehandelten Produkten vertreten und demonstriert auf einer Weltkarte, wo die Hauptanbaugebiete gängiger Gewürze wie Safran zu finden sind.

Die Ausstellung ist bis zum 29. Oktober im Stadtmuseum, Friedrichsgaber Weg 290, in Norderstedt zu sehen. Die Öffnungszeiten sind mittwochs bis sonntags jeweils von 15 bis 18 Uhr.