Norderstedter Zeitung:

Die SPD hat immer noch schlechte Umfrageergebnisse. Woran liegt das?

Franz Thönnes:

Wir müssen klarer darüber reden, dass die SPD die treibende Kraft in der Koalition war. Die meisten Ideen kamen aus der SPD-Schmiede. Dazu gehören die Abwrackprämie für alte Pkw und die wesentlichen Schwerpunkte des Konjunkturprogramms II. Gäbe es kein verlängertes Kurzarbeitergeld, hätten wir wahrscheinlich 400 000 Arbeitslose mehr in Deutschland. Die CDU hingegen hat viele Dinge blockiert - zum Beispiel den Mindestlohn, die Sicherung der Jobcenter und das einheitliche Umweltgesetzbuch.

NZ:

Warum werden die Erfolge nicht so wahrgenommen, wie die SPD es sich wünscht?

Thönnes:

Die SPD muss ihre Bescheidenheit aufgeben. Sie kann sehr selbstbewusst über ihre Erfolge reden. Es muss zum Beispiel darüber gesprochen werden, dass es im Kreis Segeberg in den letzten vier Jahren 3500 Arbeitslose weniger gegeben hat und sich die Jugendarbeitslosigkeit im Bund von 2005 bis 2008 um 45 Prozent verringert hat.

NZ:

Sind der SPD die charismatischen Politiker ausgegangen?

Thönnes:

An Persönlichkeiten fehlt es in der SPD nicht. Ohne die Politiker Scholz, Steinbrück Schmidt und Steinmeier gäbe es viele Dinge nicht. Es muss mehr über Inhalte als über Personen geredet werden.

NZ:

Ist es seriös, im Wahlkampf davon zu sprechen, dass es in Deutschland in elf Jahren vier Millionen Arbeitslose weniger geben soll?

Thönnes:

Für die SPD sind Arbeit und Vollbeschäftigung ganz wichtige Themen. Die älter werdende Gesellschaft erfordert mehr Personal bei Gesundheit und Pflege, wir und die Welt brauchen neue energiesparende Technologien, unsere Wettbewerbsfähigkeit und der demographische Wandel erfordern mehr Investitionen in Bildung und Forschung. Wenn man sich auf die Wachstumsmärkte konzentriert, sind vier Million Arbeitsplätze in elf Jahren ein gutes Ziel. Die Union hat hier nichts Konkretes zu bieten.

NZ:

Haben Sie eigentlich Angst um Ihren Job als parlamentarischer Staatssekretär?

Thönnes:

Wer ein Regierungsamt übernimmt, der weiß, dass dies eine Aufgabe auf Zeit ist. Natürlich will ich gerne weiter als parlamentarischer Staatssekretär arbeiten, denn es geht darum, die Erfolge in der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik zu erhalten und an weiteren Fortschritten zu arbeiten. Letztlich entscheiden die Wähler.

NZ:

Sie absolvieren ein umfangreiches Wahlprogramm. Sind Sie als Staatssekretär auch in anderen Regionen gefragt?

Thönnes:

Ich habe etwa zehn Termine in anderen Bundestagswahlkreisen. Zum Beispiel auch in den Kreisen Pinneberg, Lauenburg und in anderen Bundesländern.

NZ:

Wie ist eigentlich Ihr persönliches Verhältnis zur Bundeskanzlerin?

Thönnes:

Es ist kollegial arbeitsorientiert. Die politischen Unterschiede bleiben.

NZ:

Eine Frage zur Landespolitik in Schleswig-Holstein. Müssen die etablierten Parteien bei der Landtagswahl Angst vor Wählergemeinschaften haben?

Thönnes:

Ich denke nein. In den Kommunen wollen manche, die sich engagieren, sich nur auf örtliche Themen konzentrieren. Auf Landesebene müssen sich die Wählergemeinschaften fragen lassen, welche gemeinsame Substanz sie über die kommunalen Grenzen hinaus haben. Dort wird nicht über Bebauungspläne, Sportplatzsanierung oder örtliche Schulbauten diskutiert. Da geht es um mehr, so wichtig diese Themen auch sind. Ich bin skeptisch, ob das Band der scheinbaren Gemeinsamkeiten bei den Wählergemeinschaften hält.

Franz Thönnes (54) ist seit 1994 Bundestagsabgeordneter der SPD. Der frühere Geschäftsführer der IG Chemie in Hamburg wurde 2002 parlamentarischer Staatssekretär, derzeit ist er in dieser Funktion beim Bundesminister für Arbeit und Soziales tätig. Der SPD-Politiker ist verheiratet und hat zwei Söhne. Er lebt in Ammersbek im Kreis Stormarn.