Norderstedter Zeitung:

Angela Merkel will eine Koalition mit der FDP, die einst als sicher geltende Mehrheit schmilzt aber dahin. Sehen Sie eine Gefahr für die angestrebte Koalition?

Gero Storjohann:

Die Chancen sind nach wie vor sehr groß - und zwar auf Bundes- und auf Landesebene. Ich bin hoffnungsvoll, aber es kann knapp werden.

NZ:

Spüren Sie im Wahlkampf etwas von Kritik an der CDU oder an der Großen Koalition?

Storjohann:

Wer nimmt sich die Zeit für ein Gespräch am Info-Stand oder kommt zu Veranstaltungen? Eher Sympathisanten der CDU. Diese Begegnungen sind konstruktiv.

NZ:

Schlägt Ihnen während des Wahlkampfes Politikverdrossenheit entgegen?

Storjohann:

Ich möchte es nicht Verdrossenheit nennen, sondern eher Unzufriedenheit. Aber ein politisches Interesse ist bei den meisten durchaus spürbar. Wir befinden uns in einer Phase der Einschränkung. Wünsch-Dir-was-Politik ist nicht mehr finanzierbar. Die Einsicht in diese Notwendigkeit ist im Allgemeinen gegeben, sobald es konkret wird, schwindet die Zustimmung. Das ist heute die Politik-Zwickmühle.

NZ:

Es gibt in jüngster Zeit Probleme, mit denen die Koalition zu kämpfen hat. Zum Beispiel das Afghanistan-Problem. Kann das die Wahl beeinflussen?

Storjohann:

All diese Themen haben eine kurze Verfallzeit. Es gibt jeden Tag neue Themen, aber nur wenige haben tatsächlich Bestand in der politischen Debatte. Die Dienstwagenaffäre zum Beispiel ist schon längst vergessen. Ich würde mir eher wünschen, über große Linien Debatten zu führen. Über gute Bildung, über den Staatshaushalt, über die notwendige Infrastruktur als Grundlage für Wohlstand. Das Tagesgeschäft wird oft von kleinen Themen bestimmt. Viele Bürger kommen mit ihren persönlichen Sorgen. Das ist meine Wahrnehmung.

NZ:

Was machen Sie, wenn es mit Ihrer Wiederwahl nicht klappt.

Storjohann:

Das wollen wir mal nicht annehmen. Aber ich hätte eine Rückkehrmöglichkeit zur Deutschen Telekom AG.

NZ:

Was sind Ihre persönlichen Ziele als CDU-Politiker für die nächste Legislaturperiode?

Storjohann:

Ich bin jetzt in der Verkehrs- und Wohnungsbaupolitik aktiv und arbeite als stellvertretender Vorsitzender im Petitionsausschuss. Das möchte ich gerne weitermachen. In diesen Bereichen könnte ich zukünftig mehr Verantwortung übernehmen.

NZ:

Immer weniger junge Menschen interessieren sich für die aktive Politik. Warum gibt es diese Entwicklung?

Storjohann:

Dieser Trend wird seit 25 Jahren beobachtet. Aktive Politik ist sehr zeitintensiv, nur wenige können das ehrenamtlich leisten. Junge Leute sind sehr fit, aber sie lenken ihre Aktivitäten in andere Richtungen. Und wer sich für die Parteiarbeit interessiert, wird häufig mit Aufgaben überfrachtet, weil dann zu viel von den wenigen jungen Leuten erwartet wird.

NZ:

Viele Abgeordnete beteiligen sich am Internetforum "Abgeordnetenwatch", in dem die Politiker Fragen beantworten. Warum beantworten Sie keine Fragen?

Storjohann:

Ich antworte gerne auf persönliche politische Anfragen, sei es per Mail oder Brief. Im Petitionsausschuss habe ich über Dinge zu befinden, die dann über Abgeordnetenwatch quergefragt werden. Abgeordnetenwatch ist mir zu anonym.

NZ:

Haben Sie es jemals bereut, Berufspolitiker geworden zu sein?

Storjohann:

Natürlich habe ich am Anfang meiner politischen Karriere überlegt, was passiert, wenn ich nicht wieder gewählt werde und ausscheiden muss. Es gibt also dieses Wahl-Risiko. Andererseits habe ich als Bundestagsabgeordneter viele politische Gestaltungsmöglichkeiten. Die Belastung ist hoch, aber es gibt Freiräume. Ich bereue nichts.

Gero Storjohann (51) gehört dem Bundestag seit 2002 an. Vorher war er acht Jahre Landtagsabgeordneter in Schleswig-Holstein. Er ist Mitglied im Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sowie stellvertretender Vorsitzender im Petitionsausschuss. Gero Storjohann lebt in Seth, ist verheiratet und hat drei Söhne.