Seit jeher lieben die Sangesbrüder die gemütliche Geselligkeit. Wen wundert es, dass Wein- und Shantylieder zu den Gesangs-Favoriten zählen.

Norderstedt. "Ein Hoch der ganzen Crew!" schmettern 20 Frauen und 40 Männer morgen im Festsaal am Falkenberg. Sie feiern den 100. Geburtstag des Norderstedter Männerchores mit einem großen Chorkonzert, mit Gesangssolisten, dem Eidelstedter Frauenchor, dem Eidelstedt-Schnelsener Männerchor und einem Programm von Klassik und Operetten-Melodien über Pop- bis zur Volksmusik.

Das Jubiläums-Jahr der Sangesbrüder hat es in sich. Am 4. April hat sie kein Geringerer als Star-Tenor René Kollo gebeten, mit ihm in der Johanneskirche Friedrichsgabe zu singen. Ein aufregender Moment. Doch auch ohne Star-Sänger verbreiten die Männer ihre Sangesfreude und sorgen bei der Waldweihnacht im Forst Styhagen ebenso für romantische Stimmung wie bei Wein- und Stadtteilfesten, in Altenheimen und sozialen Begegnungsstätten. Und sie haben das "Norderstedt-Lied" getextet, irgendwann auf einer Chorfahrt mit dem damaligen Kulturdezernenten Heinz Bischoff.

Im Repertoire haben die gestandenen Mannsleute klassische Chorwerke, beispielsweise Lieder von Felix Mendelssohn (Chorleiter Eberhard Koch: "Eine Herausforderung") und Franz Schubert, aber auch Volksweisen und Pop-Songs.

"Du kannst nicht immer 17 sein ist auch dabei", verrät Sänger Heyse und schmunzelt. Der 75-Jährige war 1971 Mitbegründer der Norderstedter Musikschule und weiß, wovon er spricht: "Uns fehlt der Nachwuchs. Die jungen Leute singen nicht mehr - und wenn sie singen, dann Popmusik. Also machen wir das auch." Heyse hatte zum 100. Chor-Geburtstag die begehrte Zelter-Plakette beim Bundespräsidialamt beantragt. Ohne Erfolg. "Unsere Chorgeschichte ist angeblich nicht lückenlos", sagt Heyse. Späte Folge des NS-Regimes. In der Chronik zum 75-jährigen Geburtstag ist die Nazi-Zeit ganz ausgeblendet.

Seit jeher liebt der Chor die Geselligkeit. Wen wundert es, dass Wein- und Shantylieder zu den Gesangs-Favoriten zählen. "Füllt die Pokale!" ist Herbert Kords' Lieblingslied. Der 92-Jährige ist der Älteste im Chor und seit 60 Jahren aktives Mitglied.

"Wir singen immer und zu allen Gelegenheiten", sagt Bernd Meyer (60). "Leider werden Männerchöre nicht mehr so richtig ernst genommen", bedauert Heino Steffens (71). Das war einmal anders. Damals, am 16. Dezember 1909, als sieben Garstedter Sangesfreunde im Wirtshaus "Zur Ohe" den Garstedter Männergesangverein gründeten. Bälle wurden veranstaltet, Preis-Maskeraden und Theater-Aufführungen. Geübt wurde in "Behrmanns Gasthof", dem heutigen "Garstedter Hof". Heute treffen sich die Sänger in den Räumen einer Altentagesstätte.

Dort, in einer Glas-Vitrine, erzählen Banner und Fahnen, Standarten, Stäbe und Wimpel, Ehrenteller und Orden, Pokale und alte Fotos von 100 Jahren Chorgeschichte. Fantasievoll bestickt, beispielsweise mit dem Gruß "Gestiftet von den Ehren-Jungfrauen Garstedt, 1914". Nach dem Ersten Weltkrieg wurde zwar weniger getanzt, dafür aber bei Veranstaltungen gesungen. Das größte Fest war das 40-jährige Stiftungsfest am 19. Juni 1949 mit 17 Vereinen und 400 aktiven Sängern. Große Auftritte, unter anderen im Hamburger Curiohaus (1956) und in der Laeiszhalle (1971) folgten. Am 31. März 1973 beschloss der Männergesangsverein, sich Norderstedter Männerchor zu nennen.

Jubiläums-Chorkonzert am Sonnabend, 19. September, 18 Uhr (Einlass 17 Uhr) Festsaal am Falkenberg, Langenharmer Weg 90, mit dem Eidelstedter Frauenchor, Eidelstedter-Schnelsener Männerchor, Sopranistin Sussan Djanbakhsch, Bariton Dieter Hohlmeier, Pianist Olaf Generotzky. Die Laudatio hält Oberbürgermeister. Karten zu sieben Euro gibt es im Vorverkauf.