Wolfgang R. lebte zurückgezogen im Haus seiner Mutter. Unbemerkt brachte er hier 1978 und 1979 im Streit zwei Prostituierte um.

Die NZ-Redakteure Frank Knittermeier und Jörg Schlömann berichten am 16. April 1987:

Ein Foto in der Norderstedter Zeitung brachte den 52-jährigen Wolfgang R. dazu, zur Polizei zu gehen und zwei Morde zu gestehen. Neun Jahre nach der ersten Bluttat!

Immer wieder hatte Wolfgang R. in den vergangenen Jahren auf die Zeitung gestarrt, wenn dort ein Foto von Dieter Buchholz, Erster Kriminalhauptkommissar, abgebildet war. Der Mann mit dem kantigen Gesicht erschien ihm vertrauenswürdig, obwohl er ihn überhaupt nicht kannte. Am Montag fasste Wolfgang R. den für ihn folgenschweren Entschluss, ohne den zwei Morde wahrscheinlich für immer unaufgeklärt geblieben wären.

"Ich möchte zu Herrn Buchholz." Mit diesen Worten war er im Norderstedter Polizeirevier erschienen. Der uniformierte Beamte in der Eingangshalle schickte den unauffälligen Besucher in den ersten Stock, wo sich die Diensträume der Kripo befinden. Der ehemalige Bankkaufmann landete im Geschäftszimmer, fragte dort erneut nach Dieter Buchholz. Doch der Erste Kriminalhauptkommissar war beschäftigt, hatte dringende Telefonate zu erledigen. Wolfgang R. wurde gebeten, sich etwas zu gedulden. Noch jetzt hätte er die Gelegenheit gehabt, zu gehen, zu schweigen. Doch der Mann, der seit seiner Scheidung im Jahre 1974 mit seiner heute 82 Jahre alten Mutter allein in einem roten Backsteinhaus in Garstedt lebt, wartete geduldig, bis er vorgelassen wurde.

"Ich möchte endlich mein Gewissen erleichtern, ich habe zwei Frauen umgebracht", erklärte Wolfgang R. völlig ruhig, als der dem Kripo-Chef gegenüber saß. Der wollte zunächst seinen Ohren nicht trauen. Doch als der Mann Einzelheiten schilderte, setzte Buchholz den Polizeiapparat in Bewegung. Nach dem Geständnis sitzt Wolfgang R. in Kiel in Untersuchungshaft.

Für die Mutter, die das Backsteinhaus jetzt allein bewohnt, war das Geständnis ihres Sohnes ein schwerer Schock. "Ich bin 82 Jahre alt und krank", sagte sie gegenüber der NZ. "Ich möchte nichts dazu sagen. Bitte lassen Sie mich jetzt in Ruhe." In der Auffahrt neben dem Haus steht auch heute noch der grüne Passat von Wolfgang R.

Vor über 50 Jahren hatte Frau R. das kleine Backsteinhaus in Garstedt zusammen mit ihrem Mann erworben. Nur wenige Häuser standen damals in der Wohnstraße. Der am 29. Januar geborene Wolfgang R. konnte damals mit den Zwillingen aus der Nachbarschaft noch gefahrlos auf der Straße spielen. Später besuchte er das Gymnasium in Fuhlsbüttel und absolvierte abschließend eine Lehre bei einer großen Hamburger Bank, wo er anschließend bis zu seiner frühzeitigen Pensionierung auch weiterhin tätig war. Kontakt zu Nachbarn hatte Wolfgang R. in den letzten Jahren nicht mehr gehabt. "Wir haben uns zwar begrüßt, aber es ist praktisch nie zu einer Unterhaltung gekommen", berichtete ein 49-jähriger Nachbar, der Wolfgang R. seit seiner Kindheit kennt. "Wolfgang lebte mit seiner Mutter völlig zurück gezogen, er war ein Eigenbrötler."

Aufgrund der genauen Beschreibung des Täters fand die Polizei wenig später die skelettierten Leichen von zwei Frauen in der Nähe der Autobahn-Auffahrt Schnelsen-Nord. Wolfgang R. hatte hier eine 17-jährige Prostituierte am 20. Mai 1978 und eine 20-jährige Prostituierte am 1. August 1979 verscharrt. Die beiden Frauen aus Hamburg hatte Wolfgang R. nach dem Sex in seinem Haus in Garstedt im Streit erwürgt und in Plastiksäcken verpackt.