In seinem Buch “Sonderrechte zugelassen“ verarbeitet der 47-jährige Polizist auch eigene Erfahrungen, die er in seinem Beruf gesammelt hat.

Norderstedt. Er sitzt an der Quelle - direkt an der Reeperbahn. Peter Meyer ist Oberkommissar auf der Davidwache und - Krimi-Autor. Sein Erstling "Sonderrechte zugelassen" führt tief ins Polizei-Milieu. Es geht um menschliche Abgründe und Gefühle wie Machtgier und Liebe, Eifersucht und Enttäuschung. Doch nicht nur sein Beruf, auch sein bisheriges Leben liefert dem 47-jährigen Norderstedter den Stoff zum Schreiben, seine dritte große Leidenschaft neben Familie mit vier Kindern, Katze, Hund und Polizeidienst.

"Ich kreuzte erst auf einem deutschen Segelschulschiff durchs Mittelmeer und heuerte dann auf einem Handelsschiff an", sagt Meyer. Die Seefahrt war sein erster Traumberuf, damals, als er 17 Jahre alt war. "Die erhoffte Segelromantik fand ich nicht, stattdessen knallharte Arbeit", erinnert sich der große Blonde mit dem sympathischen Lächeln.

Dann habe ihm sein Vater 20 Berufe vorgeschlagen. Als ihm davon keiner behagte, hat ihn der Vater bei der Polizeischule angemeldet. Das war 1980. Zweieinhalb Jahre Bereitschaftspolizei folgten, darunter bei der berittenen Polizei in Stuttgart. Danach arbeitete er vier Jahre als Betriebsleiter in einem landwirtschaftlichen Betrieb. Schließlich zog es ihn in seine Geburtsstadt Hamburg - und in den Polizeidienst zurück - zur Davidwache.

Peter Meyer wurde sesshaft. Denn auf Hamburgs berühmtester Wache lernte er seine große Liebe kennen. Sie heißt Susanne, ist heute seine Ehefrau und auf der Wache in Hamburg-Langenhorn stationiert. Als Paar auf einer Wache arbeiten, das wollten beide nicht.

"Die Davidwache war mein Traum - und ist es noch", sagt Meyer, der heute im Innendienst arbeitet. Und im Schichtdienst: "Man lebt sozusagen gegen die Gesellschaft, hat am Wochenende Dienst und steht unter großem Zeitdruck", sagt Meyer. Auch diesen "Rhythmus gegen die Gesellschaft" verarbeitete er in seinem ersten Buch. Das Gerüst des Krimis baute er aus einem Privileg der Polizei, den "blauen Lampen", den Sonderrechten im Straßenverkehr. "Die Sonderrechte unterliegen der Sorgfaltspflicht und sind mit Auflagen verbunden. Ich habe die Nicht-Einhaltung dieser Auflagen verarbeitet", sagt Meyer. Und: "Man nimmt nicht mehr am normalen Straßenverkehr teil, das verändert oft die innere Haltung."

Für seinen Krimi musste Meyer nicht lange recherchieren: "Wir lernen alle Abgründe kennen, auch die, von denen niemand ahnt, dass es sie überhaupt geben kann. Unsere Kunst ist es, schnell Dinge richtig zu erkennen und dann richtig zu handeln", beschreibt er die Situation bei Einsätzen, wenn es um Sekunden geht. Oder um Bruchteile von Sekunden. Seine Figuren in "Sonderrechte erlaubt" müssen das praktizieren - mit mehr oder weniger großem Erfolg. Doch das Aberwitzige: Die Hauptakteure führen ein Doppelleben, das sie an den Abgrund treibt - und ihre Familien und Kollegen dazu. So ist die Hauptfigur Brandt Hagen eine Mischung aus Fiktion und Meyers eigenen Erlebnissen. Täter, Tatorte und Tatmotive haben es in sich: "Ich wollte so authentisch wie möglich bleiben", sagt der Autor, der im Roman ein geheimnisvolles Netzwerk spinnt, in dem Motorrad-Clubs und Polizei-Netzwerke die Hauptrolle spielen. Dafür hat Peter Meyer auch die Organisationsstrukturen der "Hells Angels" studiert.

Der 47-Jährige wählt das Schreiben als Chance für ein zweites berufliches Standbein und plant bereits seine nächsten Bücher. Beispielsweise über das Ende des Zweiten Weltkrieges. Ranghohe SS-Leute entführen ein U-Boot und wollen zur Arktis fliehen. Warum schreibt Meyer so etwas? "Mich interessieren die Beweggründe, warum Menschen Abgründe suchen. Je mehr ich recherchiere, umso unglaublichere Dinge erfahre ich."

Die meisten Recherchen gehen übers Internet. "Es ist grauenhaft, wie schnell man auf 'braune Seiten' kommt. Die braune Soße tropft geradezu aus dem Bildschirm", sagt der Kommissar und verrät: "Ich habe den Verfassungsschutz über meine Recherchen informiert, damit die nicht plötzlich vor unserer Haustür stehen und mich als Rechtsradikalen festnehmen."

Ehefrau Susanne unterstützt ihn, liest Korrektur, ist seine Kritikerin. Die vier Kinder im Alter von 15 bis 22 Jahren, Rottweilerhündin Gila und Kater Huki gehen auf Samtfüßen und -pfoten durchs Haus, wenn Peter Meyer schreibt. "Thule" ist ein weiteres Buch-Projekt. Die Freidenker interessieren ihn, der Templer-Orden, die Geheimgesellschaften.

Ist er in seinen Dienstjahren auf der Davidwache "St. Paulianer" geworden? "Es nistet sich ein Inseldenken ein", sagt Meyer und bedauert, dass St. Pauli immer mehr zur Partymeile wird und das Flair eines "gallischen Dorfes" verloren habe. "Es gibt immer weniger Freigeister."

Peter Meyer "Sonderrechte zugelassen", Kriminalroman, Fischer-Taschenbuch-Verlag, 241 Seiten, 19,80 Euro. Überall im Buchhandel.