In Nordelbien wurden 2008 sogar 61 000 Euro mehr bei den Kollekten gesammelt als im Jahr zuvor.

Kreis Segeberg. Trotz Wirtschaftskrise herrscht in den Kassen der evangelischen Kirche noch lange keine Leere. Die Kirchgänger in Schleswig-Holstein und Hamburg haben im vergangenen Jahr sogar mehr Geld in den Klingelbeutel geworfen als im Jahr zuvor. Das meldet jetzt das Nordelbische Kirchenamt. 2,43 Millionen Euro wurden bei den überregionalen Pflichtkollekten gespendet, das sind 61 000 Euro mehr als im Jahr 2007.

Auch wenn die eigenen Taschen leerer werden, sind die Menschen bereit zu geben. Vielleicht aber gerade deswegen: "Weil das Geld immer knapper ist, denken die Menschen jetzt mehr an andere. Die Wirtschaftskrise macht menschlicher", betont Michael Schmidt, Sprecher für den Kirchenkreis Altholstein, zu dem sich die Kirchenkreise Neumünster und Kiel in diesem Jahr zusammengeschlossen haben. Dort konnte mit 233 000 Euro ein Plus von immerhin 19 000 Euro verbucht werden. Der Kirchenkreis Hamburg-West/Südholstein, zu dem die Stadt Norderstedt gehört, hat mit 336 000 Euro eine Steigerung um 30 000 Euro gezählt. Darin sind die örtlichen Kollekten für Gemeindeprojekte, wie Orgelsanierungen oder Kinderbetreuung, nicht enthalten. Die Pflichtkollekte ist der Teil der sonntäglichen Sammlungen, der an den Kirchenkreis abgetreten werden muss. Über ein Drittel der Kollekte dürfen die Gemeinden frei verfügen, zwei Drittel werden von den Kirchenkreisen abgezogen, um zum Beispiel größere Hilfsprojekte im In- und Ausland zu finanzieren.

Gemeinden halten sich mit Prognosen für 2009 zurück

Im Kirchenkreis Altholstein gibt es eine langjährige Zusammenarbeit mit Kirchen im Kongo. Ina Koppelin aus Bad Bramstedt, die schon zweimal im Kongo war, hat bemerkt, dass die Menschen jetzt mehr dazu bereit sind zu helfen: "In Zeiten, in denen es eng ist, guckt man eher hin. Man lebt einfach bewusster." Das belegen auch die Zahlen für Nordelbien: 1,73 Millionen Euro gingen allein an drei Sonntagen der Weihnachtszeit an die Aktion "Brot für die Welt".

Das Nordelbische Kirchenamt rechnet damit, dass die Spendeneinnahmen auch in diesem Jahr nicht zurückgehen, sagt Sprecher Pastor Thomas Kärst. Den Grund für den Erfolg sieht er aber nicht in der Wirtschaftskrise. Vielmehr überzeuge die direkte Ansprache in den Kirchen und die verlässliche Information: "Im Gottesdienst wird ausführlich aufgeklärt, wofür die Kollekte ist."

Die Norderstedter Gemeinden halten sich mit Prognosen für 2009 noch zurück. Einen deutlichen Anstieg des Spendeneingangs können die Emmaus-Kirchengemeinde, die Thomas-Kirchengemeinde und die Kirchengemeinde Harksheide-Falkenberg bisher nicht beobachten. Einen Rückgang habe es definitiv aber nicht gegeben. "Wir rechnen eher mit Einbrüchen in der Kirchensteuer im nächsten Jahr", erklärt Pastorin Dr. Carolin Paap von der Paul-Gerhardt-Gemeinde. "Bisher ist die Wirtschaftskrise noch nicht zu spüren. Die staatlichen Maßnahmen haben Halt gegeben. Im nächsten Jahr kann das schon wieder anders aussehen." Ein durch die Wirtschaftskrise verstärktes Engagement für Hilfsprojekte in der dritten Welt ließe sich aus den Kollekten nicht ablesen: "Die Höhe der Spenden richtet sich mehr nach den Besucherzahlen des jeweiligen Gottesdienstes." Deshalb waren die Spenden für "Brot für die Welt" an Weihnachten so hoch. Wer sich von einem bestimmten Projekt besonders angesprochen fühlt, spendet nach dem Gottesdienst einen größeren Betrag. Das wird in der Pflichtkollekte nicht mitberechnet.

"Wer in den Gottesdienst kommt, gibt auch etwas"

"Wie viel Geld zusammenkommt, ist abhängig davon, wer predigt", sagt Pastor Dietmar Chrobog von der Thomas-Kirchengemeinde. "Man muss den Leuten auch etwas mitgeben, damit sie sich angesprochen fühlen." Das heißt für ihn auch, aktuelle Themen aufzugreifen und über die realen Ängste der Menschen sprechen. Dass die Kollekten in der Wirtschaftskrise nicht zurückgegangen sind, ist für Pastor Chrobog nicht verwunderlich: "Für viele bleibt das Einkommen schließlich gleich. Die Rentner bekommen jetzt sogar mehr." Wer in den Gottesdienst kommt, gibt auch etwas. Die hohe Spende für die Aktion "Brot für die Welt" sei zudem eher ein Verdienst der Medien als der Wirtschaftskrise. "Durch die mediale Vernetzung bekommt man immer mehr mit, was in anderen Teilen der Welt los ist", sagt Pastor Chrobog, "die Menschen merken jetzt, wir jammern hier auf höchstem Niveau."