Ein Schauspiel, das nur alle paar Jahrzehnte mal geboten wird, ist gerade auf der Bahnlinie zwischen Bad Segeberg und Bad Oldesloe zu sehen. Hier wird fast vollautomatisch das Gleis ausgewechselt.

Kreis Segeberg. Die "Supermaschine" ist eigentlich ein ganzer Zug. Und was für einer: Er nennt sich Schnellumbauzug 311 (SUM 311), ist über 450 Meter lang und in der Lage, während der Fahrt einen alten Schienenstrang völlig auszubauen und sofort danach einen neuen einzubauen. Das klingt unglaublich, funktioniert aber. Denn alles, was dazu gebraucht wird, ist "an Bord" der 17 Waggons. Herzstück des SUM ist die 64 Meter lange und 11,5 Millionen Euro teure Arbeitsmaschine, die allein über 16 Achsen verfügt.

Schienen nutzen ab, werden mit der Zeit labiler, und die Entgleisungsgefahr nimmt zu, weil die Radkränze im Laufe der Jahrzehnte weniger Seitenführung haben. Der Schienentausch, der alle 25 bis 40 Jahre - je nach Beanspruchung der Eisenbahnstrecke - vorgenommen wird, erfolgt hier nicht abschnittsweise, sondern "in einem Rutsch". In und auf dem Zug arbeiten 20 Mann der Deutschen Gleis- und Tiefbau (DGT) aus Königsborn bei Magdeburg unter der Bauleitung von Thomas Pisareck (42). Die Bauüberwachung hat Joachim Stodtmeister (54). "Jeder Arbeiter kann im Bedarfsfall den mit einer Geschwindigkeit von 200 Metern in der Stunde fahrenden Zug stoppen", betont er den Sicherheitsaspekt. Denn die meisten Arbeiter müssen mit Gehörschutz arbeiten, weil die Maschine einen infernalischen Lärm verursacht.

Die meisten Arbeitsschritte sind nur aus der Nähe zu sehen. Im ersten Schritt werden die alten Verschraubungen der Schienen auf den alten Schwellen gelöst. Dann wird die alte Schiene angehoben, damit die alte Schwelle von einer Art Gabelstapler angehoben und in den "ersten Stock" des Zuges weitergereicht werden kann. Dort nimmt ein "Hol- und Bringservice" in Form eines hin- und hersausenden Portalkranes die alten Schwellen an, fährt oben auf dem Zug zum rollenden Lagerplatz am Zugende, legt sie ab und schafft die neuen herbei - immer 25 am Stück.

Liegt die 284 Kilo schwere Schwelle im Gleisbett, wird die bereits neben der alten Schiene platzierte neue Schiene angehoben. Sie sind jeweils 120 Meter lang und dadurch sehr flexibel. Das ist wichtig, denn über ein Rollensystem wird die neue jeweils knapp sechs Tonnen schwere Schiene auf die Position der neuen Schwelle gebogen, abgelegt und verschraubt. Ernst Bertram überprüft stets mit einem 67 Zentimeter langen Mustermaß, ob die Schwellen auch den korrekten Abstand haben. Dann kommt es auf Volker Hübners Augenmaß an: Er sitzt in einem kleinen Führerhaus im "Untergeschoss" des Montagezuges und platziert millimetergenau die neue Schiene auf der Schwelle. Er kann die beiden Schienenstränge, die hundertprozentig parallel verlaufen müssen, zusammenziehen oder auseinanderpressen. "Ich fädele sie ein", sagt er. Nur so können sie später sauber verschraubt werden. "Ein ganz wichtiger Job", merkt Stodtmeister an. Zum Schluss werden die Stöße der Schienenstränge verlascht und zusammengeschweißt.

"Mindestens zehn Stunden täglich" arbeitet die ostdeutsche Mannschaft. Auch an den Wochenenden wird gearbeitet, damit die 4,8 Kilometer lange Strecke bis zum 30. August fertig ist.