Der korpulente Mann betritt locker und fröhlich den Gerichtssaal, als wäre es eine Unterhaltungsshow. Bei Verlesung der Anklage gegen ihn spricht er laut dazwischen: “Ist ja interessant!“

Norderstedt. Peter G. (52) soll den Gerichtsvollzieher Torsten L. (49), der bei der Lebensgefährtin von Peter G. in Norderstedt eine Forderung eintreiben wollte, am Verlassen des Hauses gehindert haben, indem er sich vor die Haustür stellte. Als sich Torsten L. mühsam hinausgedrängelt hatte und mit seinem Auto davonfuhr, sah er, wie Peter G. ihm den sogenannten "Stinkefinger" zeigte. Verständlich, dass sich der Gerichtsvollzieher diese Unverschämtheiten nicht bieten lassen wollte. Er zeigte Peter G. wegen Widerstands gegen Amtspersonen, Nötigung und Beleidigung an.

Peter G. stellt vor dem Amtsgericht in Norderstedt bei seiner Vernehmung das Geschehen völlig anders dar: Der Gerichtsvollzieher habe seine schwer an Rheuma leidende Lebensgefährtin Erika W. (56) quasi aus dem Bett gescheucht und ihr eine Forderung über 360 Euro präsentiert, von der Erika W. keine Kenntnis hatte und die sie sich nicht erklären konnte.

Peter G. habe die Zahlung von 200 Euro angeboten, was der Gerichtsvollzieher jedoch kategorisch abgelehnt habe, stattdessen sei er laut geworden, habe seine Lebensgefährtin geschlagen und mit einem Offenbarungseid gedroht. Deshalb habe der Angeklagte die Tür zugehalten und Torsten L. am Gehen hindern wollen.

Die Lebensgefährtin Erika W. bestätigt im Zeugenstand diese Darstellung des Angeklagten. Sie habe plötzlich eine blutige Nase gehabt, der Gerichtsvollzieher müsse ihr die Akte oder einen Ellbogen ins Gesicht geschlagen haben. Als Richter Reinhard Leendertz jedoch nachfragt, verwickelt sich Erika W. in Widersprüche: Mal saß sie die ganze Zeit auf dem Sofa, mal stand sie hinter dem Gerichtsvollzieher.

Im Ergebnis glaubt der Richter dem Gerichtsvollzieher Torsten L., der berichtet, der Angeklagte habe eine Zahlung von monatlichen Raten in Höhe von zehn Euro angeboten, was er abgelehnt habe - eine Zahlung von 200 Euro hätte er in jedem Fall angenommen. Peter G., der ständig dazwischen spricht, einmal klingelt auch sein Handy, regt sich zunehmend auf, sein Wort gelte vor Gericht anscheinend nichts, Torsten L. lüge.

Richter Leendertz lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Er verurteilt den zurzeit arbeitlosen Peter G. zu einer Strafe von 150 Euro. Mit den Worten: "Es wurde hier so viel gelogen! Wo ist die Geschäftsstelle? Ich lege Widerspruch ein!" verlässt der Angeklagte wutentbrannt den Gerichtssaal.