Die Geschäftsfrau las vor sechs Jahren zufällig einen Bericht über eine Vogelspinne, der sie faszinierte.

Kisdorf. Rocky ist ein Schlawiner. Aber das hat Christa Schmidt-Lücke zu spät erkannt. Am 28. Februar hatte sie noch keine Ahnung davon. Es war nämlich der 1. März, als sie Rocky und seine Freundin Winni in flagranti erwischte. Das Ergebnis ist heute zu besichtigen: "Regenwürmer mit Augen", nennt die Kisdorferin, die in Norderstedt die ADAC-Geschäftsstelle am Herold-Center leitet, den quirligen Schlangennachwuchs: Sechs winzige Kornnattern ("Kornis") wuseln im Terrarium umher. Eigentlich hatte Winni acht Eier gelegt, aber zwei kleine Schlangen waren zu vorwitzig und wollten nach dem Schlüpfen aus der Brutmaschine enteilen - sie starben, weil sie in den Schlitzen hängen blieben.

Christa Schmidt-Lücke hat sich ein ruhiges Hobby ausgesucht: Die Schlangen und Spinnen in den Terrarien geben keinen Mucks von sich. Nur das Futter für die großen Vogelspinnen ist zu hören: In einem Behälter wuseln unzählige argentinische Waldschaben umher - daumennagelgroße Kakerlaken, die beständig raschelnde Geräusche von sich geben. Alles Gewohnheitssache.

Aufregend genug ist das Hobby trotzdem. Zum Beispiel die Geschichte von Rocky und Winni, dem Schlangenpärchen wider Christa Schmidt-Lückes Willen. Papa Rocky ist im Oktober 2005 aus dem Schlangenei geschlüpft, Mama Winni im Juli 2007. Die 58 Jahre alte Geschäftsfrau mit dem ungewöhnlichen Hobby hatte keine Ahnung, dass beide bereits geschlechtsreif sind - bis zu dem Tag, an dem sie beide in inniger Umarmung erwischte. 45 Tage später legte Winni acht Eier, 60 Tage danach schlüpften die kleinen Kornnattern. Rocky war überhaupt ein Sorgenkind: Christa Schmidt-Lücke konnte ihn nur am Leben erhalten, indem sie ihm Mäuseschwänzchen zu futtern gab. Und auch heute noch ist er wählerisch: Während seine Artgenossen ganze Tiefkühlratten in einem Stück verspeisen, frisst der junge Papa nur, wenn seine "Chefin" die Ratten zuvor in Hühnerbrust wälzt. Man gönnt sich ja sonst nichts.

Die "Kornis" übrigens leben gemeinsam in einem kleinen Extra-Terrarium. Zum Fotografieren in die Hand nehmen, will Christa Schmidt-Lücke die kleinen Schlangen lieber nicht. "Die wuseln so schnell herum, dass sie mir sofort entwischen würden, weil sie ja auch gar nicht zu packen sind."

Ein anderes Sorgenkind ist Kornnatter Mücke. Monatelang verweigerte das Tier jegliche Nahrung. Nun kann eine Schlange tatsächlich lange ohne Nahrung existieren, aber 234 Tage ohne einen Bissen, das war zuviel. Erst danach verschlang Mücke ein Mäusebaby. "Er bewegt sich normal und hat sich auch ganz normal gehäutet", sagt Christa Schmidt-Lücke. "Also muss die Schlange ja gesund sein."

Die Schlange Cody sorgt beim Fotografieren für Aufregung: Die etwa 1,30 Meter lange, ungiftige Kornnatter aus Nordmexiko, die zur Gattung der Kletternattern gehört, schlängelt sich um den Nacken und schlüpft durch einen Ohrring - dort bleibt sie stecken. Christa Schmidt-Lücke muss den Ring abnehmen und die Schlange mühsam befreien.

Zu ihrem ungewöhnlichen Hobby ist die Kisdorferin erst vor sechs Jahren gekommen. Im Internat las sie zufällig einen Erlebnisbericht über eine Vogelspinnen-Halterin. Sie besorgte sich Literatur und ließ sich von ihrem Mann eine Vogelspinne samt Terrarium zum Geburtstag schenken. "Der hat zunächst geglaubt, ich spinne", sagt sie heute und lacht. Aus gutem Grund: Denn Ehemann Bernd hat inzwischen selbst eine Vogelspinnensammlung.

Inzwischen weiß das Ehepaar, dass Vogelspinnen keine Kuscheltiere sind. Sie haben Zähne, die so groß sind wie Daumennägel. Offenbar sind diese Tiere intelligent: Als Christa Schmidt Lücke eines Tages nach Hause kam, fand sie die Spinne Bruni vor ihrem Terrarium: Das schlaue Tier hatte die vermutlich nicht fest eingerastete Halterung des Terrariumeinganges gelockert und es geschafft, aus dem Glasgefängnis auszubrechen.

Was ist an diesem Hobby so faszinierend? "Es macht Spaß, die Tiere zu beobachten, für mich ist das entspannend", sagt Christa Schmidt-Lücke. "Vor allem die Häutung der Tiere ist faszinierend." Jedes Tier, hat sie festgestellt, hat einen eigenen Charakter. Und pflegeleicht sind die Tiere allemal: Nahrung benötigen sie eher selten. Wenn das Ehepaar in den Urlaub fährt, kommt eine Nachbarin, um den Spinnen und Schlangen etwas zum Trinken hinzustellen. "Wenn wir unterwegs sind, fehlen mir die Tiere", sagt Christa Schmidt-Lücke, die übrigens auf ihrer Homepage eine genaue Darstellung ihrer Tiere hinterlegt hat ( www.csl.51@schleswig-holstein.de ).