Verbarg Irmgard Sch. ihre Krankheit? “Sie lebte sehr zurück gezogen“, sagte eine Sprecherin der Polizei.

Norderstedt. Es war ein einsamer Tod. Die Norderstedterin Irmgard Sch. (84) lag tot in der Gästetoilette ihres Endreihenhauses an der Hans-Salb-Straße. Die Rentnerin starb allein in ihrer vermüllten Wohnung. Die kaum bekleidete Frau lag zwischen Abfallsäcken und Getränketüten, die sich bis zur Decke stapelten. Gestern Morgen wurde die Tote entdeckt.

Die Mutter von vier Kindern war ein "Messie". Sie bewahrte alles auf, warf nichts weg und bewegte sich am Ende ihres Lebens in einer Wohnung, in der sich ein Mensch kaum noch bewegen kann und wo der Geruch den Atem raubt. "Wir gehen von einem natürlichen Tod aus", sagte eine Polizeisprecherin.

Irmgard Sch. hatte mit einer Nachbarin eine Vereinbarung: Wenn die 84-Jährige die Rollläden ihres Wohnzimmer morgens nicht öffnet, sollte die Nachbarin nach dem rechten sehen. Gestern Morgen fiel Anwohnern auf, dass der Briefkasten von Irmgard Sch. überquoll. Die Zeitung vom Freitag hat Irmgard Sch. nicht mehr herausgeholt. Auch die Rollläden waren unten. Die Nachbarin rief die Polizei.

Kurz darauf traf die Feuerwehr ein und öffnete die verschlossene Haustür. In dem kleinen WC neben der Haustür lag Irmgard Sch. leblos in ihrem Unrat. Der Hausarzt, der die Todesursache untersuchen sollte, kam kaum an den Leichnam heran.

"Wie es in der Wohnung aussah, wissen wir nicht", sagt ein Nachbar. Hat Irmgard Sch. ihre krankhafte Sammelwut verborgen? Ihr großer Garten ist halbwegs gepflegt. Das Haus macht einen renovierungsbedürftigen, aber keinesfalls verwahrlosten Eindruck. "Die alte Dame hat sehr zurück gezogen gelebt", sagte eine Polizeibeamtin. Wann die Rentnerin starb, ist unklar. Möglicherweise lag sie bereits mehrere Tage tot in ihrer Wohnung.

Das traurige Schicksal von Irmgard Sch. ist kein Einzelfall. Ihr einsamer Tod ist Folge einer Krankheit, die sozial isoliert: das Messie-Syndrom. "Messies" erscheinen nach außen meistens unauffällig, meist schämen sie sich für ihre Unordnung. Ihre Zurückgezogenheit verhindert, dass ihr Problem von Außenstehenden erkannt wird. Eine irrationale Sammelleidenschaft kann sich so über die Jahre zu einem "Vermüllungssyndrom" entwickeln. Die Bezeichnung "Messie" leitet sich ab vom englischen Wort "mess", das Unordnung, Dreck, Schwierigkeiten bedeutet.

Für den "Messie" erscheint jeder erworbene Besitz als angenehme Erinnerung, an die er sich klammert. Daher sammeln die Betroffenen auch Dinge, die anderen wertlos erscheinen. "Hilfestellung zu leisten erscheint oft fast unmöglich, weil die Betroffen meistens keine Betreuung zulassen wollen", erklärt Angelika Leißner vom Sozialwerk Norderstedt. Dennoch kann manchmal geholfen werden.