Der Gentleman lässt im Soloprogramm die 20- und 30er-Jahre mit weitgehend unbekannten Liedern und Evergreens aufleben.

Pronstorf. Es ist offensichtlich. Der Mann liebt die Eleganz. Elegant das Frack-Ensemble, elegant die Haltung, elegant die Bewegungen. Max Raabe ist vom Scheitel bis zum Lackschuh ein Mann, der jeden Raum beherrscht, sobald er ihn betritt. Und wenn er dann noch "Liebling, mein Herrrz lässt dich grüßen" - mit vielfach rollendem "r" wohlgemerkt - singt, schmelzen auch die stolzesten Frau'n dahin.

Obwohl: Max Raabe schmelzt die Schnulze aus "Die Drei von der Tankstelle" nicht wie viele seiner Kollegen. Er singt das Lied wie beiläufig, so, als ob er gerade nichts Besseres zu tun hat. Ein Müßiggänger, ein Privatier, ein eleganter Nachtschwärmer, ein Selbstdarsteller, aber stets voller Selbstbeherrschung, Akkuratesse und Präzision.

Auch das Publikum beim Raabe-Konzert des Schleswig-Holstein Musik Festivals im voll besetzten Kuhstall auf Gut Pronstorf zieht er sofort in seinen Bann. Grandioser Beifall brandet auf und holt den Mann mit dem unterkühltem Charme immer wieder auf die Bühne.

Raabes distinguierte Haltung fasziniert, seine sonore Stimme mit einem Umfang vom Bass bis zum Countertenor und seine Gesangsstil macht mit jeder Note Lust auf mehr. Keine Sekunde wird langweilig, und nach vier (!) Zugaben könnten noch mindestens vier weitere folgen. Der Chansonnier entführt mit seinem Solo-Programm in die 20er- und 30er-Jahre. Er gibt diesen inhaltsreichen Liedern, die als süffisant-ironische Antwort auf Depression und Chaos entstanden, mit seiner oft kargen Art eine erzählerische Form. Kleinopern nennt Raabe diese Couplets und Lieder von Ralph Benatzky, Friedrich Hollaender, Theo Makeben und Robert Gilbert, von Georg Kreisler, Otto Reutter, Helmut Käutner, Heinrich Heine und Rudolf Nelson. Er hat viel Unbekanntes im Programm, aber auch Berühmtes wie "In der Bar zum Krokodil", "Es führt kein anderer Weg zur Seligkeit", "Ich bin das Nachtgespenst" und Otto Reutters "Der Überzieher". Genüsslich goutiert er eindeutig Zweideutiges, erzählt die Moritaten und Beziehungskatastrophen aus der Warte des abgeklärten Herrn und bringt eine prickelnde Mischung zwischen Seriosität und Verruchtheit. Vergnügen bereiten auch sein Pfeif-Duette mit dem Pianisten Christoph Israel, der ihn kongenial am Klavier begleitet und in einem kleinen Solo seine große Kunst zeigen kann.