Das ist vielen Autofahrern nicht bekannt. Sie ärgern sich, wenn die Beamten nicht tätig werden.

Norderstedt. Sind aber Menschen verletzt oder ist Alkohol im Spiel, wird auf jeden Fall ein Protokoll gefertigt. Es scheppert, die Stoßstange liegt auf dem Pflaster, die hintere rechte Tür des silbefarbenen Toyota zeigt eine große Beule. Die Fahrerin stoppt, steigt aus. Auch der Fahrer des blauen Opel verlässt das Auto - er hat auf dem Parkplatz rückwärts ausgeparkt, den Toyota übersehen und mit der Anhängerkupplung die Stoßstange erwischt und die Tür eingedrückt. Die Frau ruft die Polizei und ist verärgert, als die Beamten nach einem kurzen Blick auf das Geschehen und Fragen an die Beteiligten den Unfallort wieder verlassen. Das ärgert die Toyota-Fahrerin: "Das ist immerhin ein beträchtlicher Schaden. Da hätte ich erwartet, dass die Polizei den Unfall aufnimmt", sagt sie - und unterliegt einem Irrtum.

"Ob unsere Beamten aktiv werden und ein Unfall-Protokoll fertigen, hängt nicht, wie viele Autofahrer glauben, von der Höhe des Schadens ab", sagt Bianca Kohnke, Sprecherin der Polizeidirektion Segeberg. Während die Beamten früher bei jedem Unfall zum Schreiber griffen, müssen sie seit einigen Jahren nicht mehr in jedem Fall aktiv werden. Die Polizisten stellen aber in ihrer täglichen Arbeit immer wieder fest, dass die Regelungen wenig bekannt sind. Die Polzeisprecherin klärt auf: Unfälle werden in vier Kategorien unterteilt:

"P"-Unfälle bezeichnen im Sprachgebrauch der Ordnungshüter Unfälle mit verletzten Personen, wobei hier noch zwischen Getöteten, Schwer- und Leichtverletzten unterschieden wird. In diesen Fällen fertigen die Beamten auf jeden Fall ein Protokoll.

"S1"-Unfälle sind der Oberbegriff für Zusammenstöße mit Sachschaden, die in Verbindung mit einer Straftat stehen. Dazu zählen beispielsweise Trunkenheitsfahrten. "Da sollten Autofahrer bedenken, dass sie bei Unfällen auch schon mit 0,3 Promille eine Teilschuld bekommen können, obwohl normalerweise die 0,5-Promille-Grenze gilt", sagt die Polizeisprecherin. Auch S1-Unfälle werden von der Polizei aufgenommen.

Unter die Kategorie "S2"-Unfall fallen alle Unfälle mit Sachschaden, der im Zusammenhang mit einer bedeutenden Ordnungswidrigkeit steht, die mit Bußgeld geahndet wird. Bußgeld wird zum Beispiel fällig, wenn Autofahrer die Vorfahrt missachtet oder Rotlicht ignoriert haben. Auch gefährliche Überholmanöver und zu geringer Abstand können in diese Kategorie fallen, wenn sie nicht sogar strafrechtlich relevant werden.

Die meisten Unfälle gehören zur "S3"-Gruppe: Es entsteht Schaden, die Ordnungswidrigkeit ist unbedeutend und wird mit einem Verwarngeld geahndet. "Manchmal belassen es die Kollegen auch bei einer mündlichen Verwarnung", sagt Bianca Kohnke. Diese Unfälle sollen die Beteiligten grundsätzlich untereinander regeln. "Aber natürlich kommen wir auch in diesem Fall, wenn das gewünscht wird. Wobei manchmal auch schon am Telefon geklärt werden kann, dass ein Einsatz vor Ort nicht nötig ist", sagt die Polizeisprecherin.

Bei Problemen hilft die Polizei auch in diesem Fall: Verweigert beispielsweise der Unfallverursacher die Herausgabe seiner Daten, greifen die Beamten ein.