Ob Bäckerei-Fachverkäuferin, Tankwart oder Gärtnerin - wer ins Berufsleben einsteigen will, kann wählen.

Norderstedt. Und der Trend setzt sich fort, denn: Die Zahl der Schulabgänger sinkt. "Ich habe mit Menschen zu tun, kümmere mich um die Autos der Kunden und muss kaufmännisch denken und handeln", sagt Mirko Peters (32). Er ist Tankwart - und hat seinen Traumjob gefunden. Die Arbeit sei enorm vielseitig, und auch nach neun Jahren im Shop, an den Zapfsäulen und in der Montagehalle steht für ihn fest: "Was anderes will ich nicht machen."

"Dass das ein ganz normaler Ausbildungsberuf ist, wissen viele nicht", sagt Gerold Melson von der für Norderstedt übergeordneten Arbeits-Agentur Elmshorn, die für den Beruf wirbt und Schulabgänger dafür begeistern will (s. Info-Kasten). Sechs offene Stellen melden die Berufsberater für den Beruf als Tankwart. Auch in anderen Berufen haben Jugendliche gute Chancen, eine Lehrstelle zu finden: Dazu zählen Bäckerei-Fachverkäuferin, Anlagenmechaniker in Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik, Fachleute für Systemgastronomie, Restaurantfachleute, Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik, Gärtner, Bäcker, Fachkräfte für Lagerlogistik und Hörgeräteakustiker.

Die freien Stellen sind Indiz für den Wandel auf dem Ausbildungsmarkt: Die Zahl der Schulabgänger nimmt kontinuierlich ab. Besonders positiv aus Sicht der Jugendlichen stellt sich die Situation in Norderstedt und Umgebung dar: Auf 610 Ausbildungsstellen kommen 290 Bewerber. Während in Schleswig-Holstein insgesamt ein ungefähr ausgeglichenes Verhältnis besteht, sind die Chancen für Bewerber im Raum Norderstedt überdurchschnittlich gut - auf zwei Stellen kommt ein Bewerber. Die Zahl der Ausbildungsplätze ist im Vergleich zum Vorjahr um sieben Prozent gesunken, die Zahl der Interessenten um 24 Prozent.

"Die Zahl der Ausbildungsverträge wird sich in den nächsten Jahren weiter rückläufig entwickeln, weil sich der einstige Schülerberg zum Schülertal entwickelt", sagt Melson. Gleichzeitig scheiden geburtenstarke Jahrgänge aus dem Erwerbsleben aus. "Nach der Wirtschafts- droht uns nun die Fachkräfte-Krise", sagt der Arbeits-Agentur-Sprecher. Daher müssten die Unternehmen weiter kräftig ausbilden, um sich den Nachwuchs heranzuziehen.

"Das haben die meisten Betriebe erkannt. Die Situation auf dem Ausbildungsmarkt ist deutlich besser als die wirtschaftliche Situation im Land", sagt Andrea Julke, Sprecherin der für weite Teile des Kreises Segeberg zuständigen Arbeits-Agentur Neumünster. Auch in Kaltenkirchen und Bad Segeberg zeigt sich der Trend: In Kaltenkirchen gibt es 551 Bewerber, 165 weniger als im Vorjahr, für die Kreisstadt meldet die Agentur 274 Anwärter auf einen Ausbildungsplatz, 165 weniger als vor einem Jahr.

Was gut klingt, hat aber einen Pferdefuß: Schon jetzt klagen Personalchefs und Ausbildungsleiter darüber, dass viele Jugendliche noch nicht reif für den Einstieg ins Berufsleben seien. Schwache Rechtschreibung, lückenhafte Rechenkenntnisse, Unpünktlichkeit und Lustlosigkeit - die Liste der Kritik ist lang. "Man kann zwar nicht alle Schulabgänger über einen Kamm scheren, aber die Klagen der Unternehmen treffen sicher zu. Allerdings verfügen Jugendliche heute über andere Fähigkeiten", sagt Melson. Wissenschaftliche Studien hätten ergeben, dass die IT- und Englisch-Kenntnisse besser sind als früher. Die Jugendlichen seien selbstbewusster, team- und kommunikationsfähiger.

"Die Agentur für Arbeit unterstützt Betriebe besonders bei der Einstellung von Ausbildungsbewerbern mit nicht so guten Schulnoten", sagt der Behördensprecher. Allerdings seien auch die Unternehmen gefordert, Jugendliche bei Bedarf zu fördern.