Begeistert ist die 22-Jährige vor allem von der Reittherapie, die die Heilungschancen von Menschen mit Behinderungen verbessern. Die Alvesloherin will jetzt Sonderschul-Pädagogin werden.

Alveslohe. Leonie F. (Name von der Redaktion geändert) ist 16 Jahre alt. Das junge Mädchen leidet unter dem sogenannten Rett-Syndrom, einer tiefgreifenden, genetisch bedingten Entwicklungsstörung, die nur Mädchen trifft. Leonie bedarf ihr Leben lang intensiver Hilfe, sie kann sich nicht alleine versorgen und muss gefüttert werden.

Aber sie hat eine Betreuerin, die sich rührend um sie kümmert und die ihr zur Seite steht: Merle Carstens (22), eine Studentin aus der Gemeinde Alveslohe. Die junge Frau will Sonderschul-Pädagogin werden und kann bereits ein abgeschlossenes Bachelor-Studium aufweisen. "Ich möchte später ausschließlich mit schwerstbehinderten Kindern und Jugendlichen arbeiten", sagt sie mit Nachdruck.

Diesen Wunsch hat sie sich schon teilweise erfüllt. An der Janusz-Korczak-Schule in Kaltenkirchen hat sie gerade ihr Soziales Jahr absolviert und sich um einige der sechs bis 18 Jahre alten Kinder und Jugendliche gekümmert. Zum Beispiel Leonie, die ihr während des Sozialen Jahres sehr ans Herz gewachsen ist. "Ich bin so dankbar, dass ich hier arbeiten durfte", betont Merle Carstens.

Die Janusz-Korczak-Schule ist eine von drei Schulen im Kreis Segeberg, die für die Bildung und Erziehung von Menschen mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf im Bereich der geistigen Entwicklung zuständig sind.

Schon während ihrer Schulzeit half Merle bei der Reittherapie - hier dienen Pferde das Medium. "Ich konnte dabei besonders auf die Kinder eingehen und meine Gefühle transportieren", sagt die 22-Jährige.

Merle Carstens hatte schnell erkannt: Der Umgang mit Pferden kann die Heilungschancen und -prozesse von Menschen mit Behinderungen verbessern. Er fördert das Einfühlungsvermögen, Verantwortungsbewusstsein, soziales Verhalten und die Selbstständigkeit.

Es dauert sehr lange, bis sich bei der Betreuung von schwerstbehinderten Kindern Erfolge einstellen. Und wenn, dann sind sie oft nur schwer zu erkennen. Merle Carstens hat diesen Erfolg kennengelernt. Eines Tages, erinnert sie sich, "hat Leonie plötzlich den Löffel selbstständig zum Mund geführt". Das war ein unbeschreibliches Glücksgefühl für ihre junge Betreuerin.

Ein Schlüsselerlebnis für ihren weiteren Lebensweg hatte sie, erinnert sich Merle Carstens, im Alter von fünf Jahren. Da stand die Geburt ihrer Schwester bevor. Es bestand der ärztliche Verdacht, dass diese am Down-Syndrom leiden würde. Merle Carstens war zu jung, um von den Eltern über deren Sorgen informiert zu werden. Sie spürte aber trotzdem genau, was Vater und Mutter bewegte. Zum Glück war der Verdacht unbegründet, heute ist Feenja 17 Jahre alt und kerngesund.

"Ich werde mein Leben lang für schwerstbehinderte Kinder da sein", verspricht Merle Carstens. Zurzeit arbeitet sie in einer Familie und sorgt für ein Mädchen, das im Rollstuhl sitzt. Ihre Botschaft lautet: "Bitte respektiert alle Menschen so wie sie sind - ob behindert oder nicht!"