Lärm, Staubwolken und Kundenmangel: Den Händlern am Ochsenzoll geht finanziell die Puste aus. Die Aktionen, um Käufer zu locken, haben offenbar keine Wirkung.

Norderstedt. Bunt und duftend sind die Blumen, aber das Gemüt von Maren Dieske hellen sie auch nicht auf: Die Inhaberin der "Stilblüte" am Schmuggelstieg feierte am Mittwoch noch das 20-jährige Bestehen ihres Blumengeschäftes. Sie weiß aber nicht, ob ihr Laden dieses Jahr übersteht: So wie sie haben viele Geschäftsleute des Einkaufsquartiers am Ochsenzoll in den vergangenen Monaten erhebliche finanzielle Einbußen erlitten. "Ein paar Wochen kann ich noch geschäftlich überleben", sagt Maren Dieske. "Dann geht nichts mehr."

Mit Rabatt- und Schuhputzaktionen versucht die Quartiersleitung die Kunden an den Schmuggelstieg zu locken. Doch das täuscht nicht über die wahren Probleme hinweg: Seit über fünf Monaten ist dieses Einkaufsgebiet eine einzige Baustelle. Fahrzeuge rumpeln über provisorische Sandwege und Schlaglöcher, in die Geschäfte dringt massenweise Staub, die Kunden aber bleiben draußen. "Schauen sie", sagt Saber Eskeif, Betreiber der Eisdiele "Gepetto", "auf all unseren Möbeln liegt eine Staubschicht; wir müssen alle paar Minuten abwischen oder saugen."

Weil nur wenige Menschen auf der Sommerterrasse Platz nehmen, hat Eskeif einen Umsatzrückgang von bis zu 70 Prozent zu beklagen. Sein Lokal "Roggen & Eisen" am Schmuggelstieg läuft etwas besser: Hier beträgt der Umsatzrückgang "nur" 50 Prozent. Auf eine vorübergehende Mietminderung lässt sich der Vermieter nach Angaben Eskeifs nicht ein.

Maren Dieske hat in ihrer "Stilblüte" Personal entlassen müssen und die Arbeitsstunden der verbleibenden Kräfte gekürzt. Zusammen mit ihrer Tochter Britt steht sie oft alleine im Laden - und das nach einem Arbeitsbeginn um 4 Uhr morgens. "Das halte ich nicht mehr lange durch", sagt die Geschäftsfrau. "Die Laufkunden und die Stammkunden mit Sportwagen bleiben weg, weil sie den Schmuggelstieg meiden."

Volker Dreis von "Schönes & Feines" kann vom Laden alleine schon seit Wochen nicht mehr leben. "Das ist jetzt nur noch Hobby, mein Geld verdiene ich woanders." Für Barbara Schaffer vom Katalog-Shop "Level one" ist die Situation bedrohlich, weil sie zu wenig einnimmt, um ihre Miete zu bezahlen. 30 Prozent weniger Umsatz macht Özgür Tabek mit seiner Gemüsescheune. Gertrud Rohlff von der Stadtschlachterei Rohlff meldet Umsatzrückgänge, die sich vor allem Anfang der Woche bemerkbar machen. Sie befürchtet noch größere Probleme, wenn die Bauarbeiten am Schmuggelstieg beginnen.

Aber es gibt nicht nur klagende Geschäftsleute. Sigrid Panke macht mit ihrem Friseursalon nach wie vor gute Geschäfte, viele Wochenmarkthändler spüren zwar Auswirkungen der Wirtschaftskrise, die meisten Kunden kommen aber immer noch. "Unsere Kunden kommen zu Fuß oder mit dem Fahrrad", sagt Obsthändlerin Heike Palm aus dem Alten Land. "Die lassen sich durch die Baustelle nicht stören."

Noch im Juli sollen die Bauarbeiten im Bereich Am Tarpenufer abgeschlossen sein, dann wird der Schmuggelstieg aufgerissen, bleibt aber einspurig befahrbar. Bei den bisherigen Bauarbeiten ist erschwerend hinzugekommen, dass es keine konkreten Pläne darüber gab, was alles im Untergrund der Fahrbahn lagert - und da gab es eine Menge Unvorhergesehenes.

Wenn das Einkaufsquartier Ochsenzoll zum Herbstanfang im neuen Outfit glänzt, geht es aber erst richtig los: Dann beginnen die Bauarbeiten für den Kreisverkehr im Bereich Ohechaussee/Schleswig-Holstein-Straße/Langenhorner Chaussee. Bis zum Beginn der Landesgartenschau 2011 bewegt sich in diesem Kreuzungsbereich nichts mehr. "Davor habe ich Angst", sagt Geschäftsfrau Barbara Schaller.

Quartiersmanagerin Daniela Schüler sieht aber auch positive Seiten: "Es war ja so gewollt, dass unser Einkaufsquartier dann schon neu gestaltet ist und glänzen kann." Sie glaubt, dass die Krise nicht nur hausgemacht ist, sondern auch mit der allgemeinen Weltwirtschaftslage zusammenhängt. Buchhändler Tobias Mährlein, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Ochsenzoll, verbreitet positive Stimmung: "Die Zugänge vor den Läden werden freigehalten, und es gibt stets genügend Parkplätze in unserem Bereich."

Jeder habe gewusst, dass die Situation nicht einfach wird, eine Alternative zu den Bauarbeiten habe es nicht gegeben. Mährlein: "Finanziell kann uns niemand helfen, das können nur die Kunden, wenn sie kommen und weiter bei uns einkaufen.