Verwirrung: Besonders irritierend ist, dass für Fußgänger und Radfahrer keine Striche oder Flächen markiert wurden, wo sie die Straße überqueren sollen.

Bad Bramstedt. Der Autofahrer hält an und guckt. Der Fußgänger hält an und guckt ebenfalls. Ratlos blicken beide und fragen sich: Wer muss hier eigentlich warten? Szenen auf einem Kreisverkehr, den keiner versteht. Am südlichen Ortseingang von Bad Bramstedt stehen sich täglich dutzendfach Verkehrsteilnehmer mit großen Augen gegenüber und rätseln, wie sie sich korrekt verhalten sollen und was sie über Kreisverkehre möglicherweise in der Fahrschule gelernt haben.

Die Bramstedter Grünen halten die Verwirrung für so gefährlich, dass sie am Fahrbahnrand der Bundesstraße 4 ein Plakat mit der Aufschrift "Fußgänger - wo bleiben wir?" aufgestellt haben. Der wirre Kreisel war bereits Thema im Verkehrsausschuss. Vor Kurzem trafen sich an der B 4 Stadtverwaltung, Verkehrsaufsicht des Kreises, Experten vom Land und die Polizei zu Beratungen. Die einzig gute Nachricht: Bislang hat die Verwirrung zu keinem Unfall geführt.

Der Kreisverkehr ist vor einem Jahr entstanden. Außer der B 4 treffen dort die Zufahrt zum neuen Lidl-Markt und die Holsatenallee zusammen, die in die Südweststadt führt. Verkehrsaufsicht und der Landesbetrieb für Straßenbau haben den Asphalt-Kringel mit den bunten Blumenrabatten in der Mitte und den Schildern genehmigt. Rechtlich sollte damit alles klar sein - ist es aber nicht. Besonders irritierend wirkt offenbar, dass für Fußgänger und Radfahrer keine Striche oder Flächen markiert wurden, wo sie die Straße überqueren sollen. Sie haben nur den Asphalt.

Auch die Fachleute blicken nicht durch. Bramstedts Bauamtsleiter Udo Reinbacher liefert die erste Version: "Wer in den Kreisverkehr einfährt, hat Vorrang." Und wer ihn mit dem Auto verlässt, muss auf Fußgänger achten. Warum trotzdem vor den Fußgängerfurten an der Holsatenallee kleine Vorfahrt-achten-Schilder am Gehweg stehen, kann sich indes auch Udo Reinbacher nicht erklären.

Bramstedts Polizeichef Karl-Heinz Verges betont, dass der Kreisel kein Problem darstellt, weil der Verkehr ohne Zwischenfälle läuft und hat seine Variante parat: Beim Reinfahren sei auf Radfahrer und Fußgänger zu achten, beim Rausfahren habe der Autofahrer Vorrang.

Einer seiner Kollegen aus der Wache ist tiefer in die Materie eingestiegen und hat jede Menge Verordnungen gewälzt. Sein Fazit: Fußgänger und Radfahrer sind immer wartepflichtig, weil die Furten gar nicht zum Kreisverkehr gehören. Daher müssten sie beim Überqueren der Fahrbahn auf die Autos achten.

Und wenn man vielleicht doch die Wege über die Straße farblich kennzeichnen würde? Vielleicht mit weißen Strichen auf der Straße? "Das wäre dann ein Verkehrszeichen", sagt Reinbacher. Damit würde man Fußgänger und Radlern Vorrang einräumen. Beim Expertentreff an der B 4 sei auch über Zebrastreifen diskutiert worden, die allerdings nur zulässig sind, wenn viele Menschen zu Fuß oder per Rad am Kreisel unterwegs sind. Deshalb soll es demnächst eine Verkehrszählung geben.

Ein Plan, von dem die grüne Stadtverordnete Cornelia Schönau-Sawade jedoch nicht allzu viel hält. Sie fürchtet, dass die Zahlen nicht aussagekräftig sein werden, weil viele Menschen den Kreisverkehr wegen der großen Unsicherheit meiden. Sie bedauert, dass Fußgänger nicht bereits bei der Planung berücksichtigt wurden.

Einig sind sich allerdings alle Experten, dass das Rätselraten seine positiven Seiten hat. Reinbacher und die Polizei haben festgestellt, dass sich alle Verkehrsteilnehmer sehr vorsichtig und rücksichtsvoll verhalten - weil sich nicht durchblicken.