Auch das Arbeitsamt konnte dem Mitinhaber einer Praxisgemeinschaft für Krankengymnastik bisher nicht helfen.

Henstedt-Ulzburg. Um 13 Uhr hat Stefan Wenzel Mittagspause. In der kleinen Küche schmiert er sich ein Brötchen und trinkt schnell noch eine Tasse Kaffee. Mehr Zeit bleibt ihm heute nicht, denn der nächste Patient kommt schon um 13.30 Uhr. "Bis dahin muss ich noch drei Telefongespräche führen", sagt der 42 Jahre alte Physiotherapeut. "Ich suche einen neuen Mitarbeiter und habe drei Kandidaten auf meinem Zettel."

In seiner Gemeinschaftspraxis im Ortsteil Ulzburg-Süd wird eine Stelle frei, einer der Angestellten wird sich beruflich verändern. Was er ihm bieten kann? "Einen verantwortungsvollen 30-Stunden-Job in angenehmer Umgebung und mit netten Kollegen", sagt Wenzel. "Es handelt sich nicht um einen Zeit-, sondern um einen unbefristeten Vertrag."

Eine halbe Stunde später: Wenzel ist keinen Schritt weiter gekommen. Zwei Kandidaten waren telefonisch nicht zu erreichen, der dritte (eine Frau) versicherte ihm, "sie habe schon eine Stelle". Diese Auskunft wundert Wenzel: Einige Tage zuvor hatte sie sich beim Arbeitsamt krankgemeldet.

Die Namen, dazu Wohnort und Telefon der Arbeitssuchenden hatte ihm die Arge am 8. Juni mitgeteilt. Die Kandidaten sollten sich in der Praxis von Stefan Wenzel entweder schriftlich, telefonisch oder per E-Mail melden. "Passiert ist nichts", sagt er und ist enttäuscht: "Immer wieder heißt es, es würde im kommenden Jahr fünf Millionen oder sogar mehr Arbeitslose in Deutschland geben. Warum ist es dann so schwer, einen ausgebildeten Physiotherapeuten zu finden?"

Tatsächlich sind die Anforderungen in diesem Beruf nicht gerade niedrig. Mittlere Reife mit guten Noten ist Voraussetzung, meistens erhalten nur Abiturienten eine Ausbildungschance, und auf der Berufsfachschule sind die Anforderungen groß. Hier hat sich Stefan Wenzel als Privatdozent einen Namen gemacht. Zweimal wöchentlich unterrichtet er in Hamburg künftige Krankengymnasten in den Fächern Manuelle Therapie und Funktionelle Anatomie.

Diejenigen unter seinen Schülern, die im April fertig wurden, hat Wenzel nahezu alle angesprochen. Von 15 hatten elf schon einen Job, die übrigen waren unschlüssig. Auch seine Kontakte zu ehemaligen Kollegen eines Reha-Zentrums brachten nichts, Anzeigen in diversen Zeitungen ebenso nicht.

Hoffnungen auf Hilfe durch die Agentur für Arbeit erfüllten sich auch nicht. Solche Erfahrungen hat auch der Norderstedter Krankengymnast Volkmar D. gemacht: "Es ist sehr schwierig, von dort jemanden zu bekommen."

Hanne Torres vom Landesverband der Krankengymnasten Hamburg/Schleswig-Holstein kann das nicht glauben: "Es gibt meiner Meinung nach eine Schwemme von Physiotherapeuten, die Arbeit suchen."

Warum es aber doch Probleme gibt, mag auch an der Bezahlung liegen: Der Stundenlohn beträgt nur etwa 13,50 Euro.

"Damit kann man nicht reich werden", sagt Stefan Wenzel. Findet er keinen neuen Mitarbeiter oder wenigstens eine Aushilfskraft, bleiben ihm nur zwei Alternativen: "Entweder ich arbeite künftig täglich zwölf Stunden, oder ich muss Patienten abweisen."

Seine letzte Hoffnung: Auf der Homepage des Landesverbandes steht seit dem 19. Juni neben 34 weiteren Offerten sein Stellenangebot. Bei den Stellengesuchen auf dieser Internet-Seite: Fehlanzeige.