Die Tangstedterin unterrichtet Plattdeutsch an Schulen, singt in Chören, ist Statistin in Filmen und Werbespots.

Tangstedt

"Carlo, darf ich dich drücken?", ruft Frauke Smeja begeistert und fällt Carlo von Tiedemann in die Arme. Gerade hatte die Tangstedterin in der NDR-Fernseh-Quiz-Show den Titel "Leuchte des Nordens" für Schleswig-Holstein geholt und die Kandidaten aus Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern auf die hinteren Plätze vewiesen. Die temperamentvolle 63-Jährige glänzte mit Schlagfertigkeit, Witz und Wissen und erwies sich bei den Quizrunden als charmante Plauderin - ganz in Quizmeister Carlos Sinn.

"Mal ehrlich, Drönbacken können die auch nicht gebrauchen", sagt Frauke Smeja trocken. Carlo von Tiedemann griff denn auch begeistert die vielen Leidenschaften der pensionierten Schiffsmaklerin auf. Ihre große Liebe gilt der niederdeutschen Sprache. Sie unterrichtet Plattdeutsch in Kindergärten und Schulen, macht plattdeutsche Gottesdienste, übersetzt Texte. Außerdem singt sie in Chören und spielt Akkordeon. "So ganz nebenbei" ist sie Mutter dreier erwachsener Kinder, hat 15 Gastkinder aus aller Welt in ihrem Haus betreut. Zu denen hat sie heute noch Kontakt, und in einigen Familien ihrer Gastkinder waren ihre Tochter Inken (30) und die Zwillinge Alke und Tjark (27), zu Gast.

"Meine Gastkinder kommen aus Südafrika und England, aus Brasilien und Frankreich", sagt Smeja und zeigt eine Weltkarte mit Foto-Porträts ihrer drei Kinder und 15 Gastkinder. "Die Welt zu Gast bei Frauke" heißt die Karte. Ihre Kinder schenkten sie ihr zum 60. Geburtstag. "Ich habe viel von meinen Gastkindern gelernt, und ich habe meine eigenen Kinder früh in die Welt geschickt", sagt sie nachdenklich. "Gib den Kindern erst tiefe Wurzeln und dann Flügel", ist ihr Erziehungsmotto.

"Ich hatte ein tolles Zuhause, doch mein Papa ließ mich nicht los", sagt sie und überlegt: "Dabei war ich immer neugierig aufs Leben und auf die Leute."

Frauke Smeja wurde in Wilster (Kreis Steinburg) geboren, ging in Itzehoe zur Schule, studierte in Hamburg Sprachen und arbeitete 15 Jahre als Schiffsmaklerin. Zu der Zeit konnte sich die Familie keinen Urlaub leisten. "Die Urlaube machen wir auf Schleswig-Holsteins Sportplätzen", sagten ihre sportbegeisterten Kinder. Zwölf Jahre hat Frauke Smeja Leistungssport betrieben, war Landesmeisterin im Staffellauf (3 x 800 Meter). Das ist gut 15 Jahre her. Sie ließ ihre Kinder "fliegen" und suchte sich neue Aufgaben: "Mir läuft immer etwas über den Weg".

Beispielsweise in der Silvesternacht 2000. Ursula Schulz, damals Leiterin der Tangstedter Volkshochschule und ihre Freundin, bot ihr zwischen zwei Jahrtausenden plötzlich zwei Jobs an, die Plattdeutsch-Kurse bei der VHS und die Sprachförderung für ausländische Kinder an der Tangstedter Grundschule.

"Das war's", sagt Smeja. Die Plattdeutsch-Autorin Christa Heise-Batt gab ihr Tipps und machte ihr Mut: "Deern, du krieggst dat op de Reeg." Sie belegte Seminare, saß in den Niederdeutsch-Abteilungen Hamburger Bibliotheken und lernte, bis sie lehren konnte.

"Nach den Sommerferien starte ich in der Grundschule neue Kurse", sagt sie. Um die Kinder auf Kurs zu bringen, spielt sie Akkordeon: "Mit Musik kannst du Kinner bannig good griepen." Mit den Kindern tritt sie im Tangstedter Verein "Aktive Senioren" auf. "Plattdeutsch ist Heimat, obwohl es an der nächsten Ecke schon ganz anders klingt", sagt sie.

Beliebt sind ihre Plattdeutsch-Gottesdienste mit Pastor Helmut Quast: "Wenn wir vor dem Altar 'Let It Be' auf platt singen, haben wir eine famose Stimmung in der Kirche."

Sorge bereitet ihr die Situation an den Schulen: "Dort werden dringend Menschen gesucht, die Plattdeutsch unterrichten." Deshalb hat sie in Gerd Spiekermanns Radiosendung "Wi snackt platt" auf NDR 90,3 angerufen und über den Sender Menschen Mut zum Plattdeutsch-Unterricht gemacht.

Und was sagt Ehemann Holger Smeja zu seiner umtriebigen Ehefrau? "Er ist der Fels in meiner Brandung", sagt sie und lacht. Um mit drögem Humor nachzusetzen: "Außerdem kennt er mich nicht anders." Mit "ihrem Fels in der Brandung" macht sie Kreuzfahrten über alle Meere und Radwandertouren durch ganz Deutschland.

Ach ja, da ist noch die Filmerei. Frauen wie Frauke Smeja sind gefragte Statistinnen und Models. In Dieter Wedels "Die Semmelings" war sie dabei, in "Büttenwarder", in der Krimi-TV-Serie war sie Claqueurin, in "Der Ermittler" spielte sie eine trinkfeste Wirtin, und in einem Film über Nordic Walking lernte sie Ex-Boxweltmeister Dariusz Michalczewski kennen.

Wenn Frauke Smeja mal nicht unterwegs ist, verbiegt sie Messer, Gabel und Löffel zu Schmuck und Wohn-Accessoires. "Ich bin ein glücklicher Mensch", sagt Frauke Smeja. Und: "Ich habe noch so viel vor, dazu brauche ich ein weiteres Leben."