Kritik: Norderstedt investiert zu wenig - Initiative fordert:

Stadt soll Radwege ausbauen

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Michael Schick

"Wir geben viel mehr Geld für den Radverkehr aus als noch vor fünf Jahren", kontert der Baudezernent.

Norderstedt. Die Wege sind kurz, das Rad eignet sich bestens als Verkehrsmittel. Doch Norderstedt ist weit davon entfernt, eine Radler-Stadt zu sein. Das sagt Rolf Jungbluth vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC). Der Ortsverein setzt sich dafür ein, dass das Netz der Radwege dichter geknüpft, Fahrradstraßen eingerichtet werden und die Radler auf den Straßen fahren können - so kämen sie deutlich schneller voran als auf den zum Teil engen und holprigen Wegen.

Weiter auf dem Wunschzettel der Radlerinitiative stehen abschließbare Fahrradboxen an allen AKN- und U-Bahnhöfen sowie am Herold-Center. "Leider gibt die Stadt nur ein bis drei Prozent des Haushalts für den Radverkehr aus", sagt Jungbluth.

Der Radverkehr ist im Fokus der Planer angekommen Baudezernent Thomas Bosse hält dagegen: "Seit dem Jahr 2002 hat sich der Etat für Reparatur und Instandhaltung auf jetzt 50 000 Euro im Jahr verfünffacht. Viel entscheidender ist aber, dass wir rund ein Drittel der Ausgaben für neue Straßen in die Nebenanlagen wie Fuß- und Radwege investieren." Am Nordportbogen und an der Erschließungsstraße zum neuen Wohn- und Gewerbegebiet Frederikspark in Friedrichsgabe habe die Stadt gleich breite Radwege gebaut. Beim Straßenbau gelte das Motto: Keinen Meter ohne beidseitige Radwege. Die gestiegenen Investitionen, die Arbeitsgruppe Radverkehr, in der der ADFC im übrigen mitarbeite, und der Radverkehrsbeauftragte Olaf Nischik seien Beleg dafür, dass "der Radverkehr im Fokus der Planungen angekommen ist".

Potenzial sieht auch das Ingenieurbüro Schnüll, Haller und Partner, das die Verkehrssituation in Norderstedt analysiert und ein Konzept entwickelt hat. 19 Prozent der Norderstedter Verkehrsteilnehmer nutzen das Rad. "Damit liegt Norderstedt leicht über dem Durchschnitt vergleichbarer Städte in Nordrhein-Westfalen", schreiben die Gutachter im Verkehrsentwicklungsplan 2020. Gemessen an Städten mit einer offensiven Radverkehrspolitik gebe es aber noch Luft nach oben. Nach Schätzungen des Bundesverkehrsministeriums würden 30 Prozent der Autofahrer für kurze Fahrten bis sechs Kilometer aufs Rad umsteigen, wenn die Wege attraktiv sind. Eine "fahrradfreundliche Stadt" lässt sich nach Aussagen des ADFC mit 25 Euro pro Einwohner und Jahr erreichen. Durch Zuschüsse von Bund und Land bleibe für den städtischen Haushalt eine Summe von 300 000 bis 500 000 Euro pro Jahr. Das entspreche fünf bis sieben Euro pro Einwohner.

Bei den Radlern beliebt ist die Nord-Süd-Verbindung vom Herold-Center zum Rathaus entlang der AKN-Gleise. Sonst führen die Hauptrouten an den Hauptstraßen entlang.

"Allerdings müssen wir noch eine wichtige Lücke schließen ", sagt Nischik: die Verbindung vom Jägerlauf über Wiesen und Felder zur Schleswig-Holstein-Straße und weiter Richtung Rathaus. "Zurzeit ist der Weg durch die Natur eng und oft matschig", sagt Manfred Kophal, der am Jägerlauf wohnt und den Weg oft nutzt. Die Stadt verhandelt mit dem Grundeigentümer über den Ankauf von Flächen.

Radeln auf der Ulzburger Straße ist zu gefährlich Auch wenn der ADFC auf Kiel und Münster als Vorbilder hinweise, Radstreifen auf der Ulzburger oder Ochsenzoller Straße seien nicht umsetzbar. "Da stehen wir vor der Frage: Sicherheit oder Tempo", sagt Nischik. Die Haftung bei einem Unfall sei nicht geklärt. "Wenn wir diese Streifen einrichten, müssten auch Kinder und Senioren auf der Straße fahren", sagt Bosse. Das sei nicht zu verantworten. Ein Problemfall sei die Ochsenzoller Straße mit den engen Radwegen. Sie könnten nur verbreitert werden, wenn die alten Bäume fallen. Das aber wolle niemand. Hier biete sich eine Umgehung über die Kirchenstraße an.

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