Erik Wischnewski - Der Mann für alle Fälle

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Jörg Malitzki

Tausendsassa: Der Astrophysiker hat 30 Bücher verfaßt, ist ein begeisteter Gärtner, und seine Möbel baut er auch selbst.

Kaltenkirchen. Sein Leben ist ein eigenes Universum. Sollte jemals ein Regisseur auf die Idee kommen, die Lebensgeschichte von Erik Wischnewski zu verfilmen, dann hätte er vermutlich schlechte Karten, einen Finanzier zu finden. "Zu unglaubwürdig, viel zu übertrieben", würde das Urteil vieler Produzenten lauten. So einen wie Wischnewski gibt's halt nicht alle Tage - ein regelrechter Tausendsassa, ein Mann für alle Fälle!

Studiert hat er einst Astrophysik, und daran hängt sein Herz nach wie vor besonders stark. Doch auch sonst kann man dem 52jährigen aus Kaltenkirchen nicht gerade mangelnde Aktivitäten vorhalten. Als Schüler zählte er mehrmals zu den Hamburger Landessiegern von "Jugend forscht". Er kennt sich gut mit Weinen aus und war zweimal Vizelandesmeister als Turniertänzer in der Standard-Sparte. Die Möbel seines Arbeitszimmers hat er selbst gebaut, und in seinem Garten fließt ein Gebirgsbach vom "Mount Kaki". Er hat begehrte Software für Ernährungskontrolle entwickelt und spielt im Keller mit seiner Modelleisenbahn. Er sollte ein 500-Millionen-Euro-Projekt leiten, um eine Stadt im Süden Polens zu errichten und hat nebenher ein Fachbuch über Homöopathie geschrieben. Er war Chef mehrerer Sternwarten, und in seinen Regalen stehen 30 von ihm selbst verfaßte Sachbücher, manche davon über Astrophysik, manche über Management, und wenn seine Lebenspartnerin ihm das okay dazu gegeben hätte, dann wäre jüngst auch ein Roman dazugekommen. Ganzheitliches Denken und neugierig sein auf all das, was das Leben bietet - das ist Erik Wischnewskis Welt.

In der Schulzeit hat er schon nach den Sternen gegriffen, als andere noch auf dem Fußballplatz herumgebolzt haben. Die Geheimnisse des Weltalls hatten es dem kleinen Erik angetan. Unmengen astronomischer Bücher hat er verschlungen, zunächst ohne Wirkung. Ein eher schüchternes und vom gestrengen Vater unterdrücktes Kind, hat er erst nach der Scheidung seiner Eltern den Mut und die Freiheit gefunden, seinen eigenen Traum vom Leben zu verwirklichen.

"Als ich in der achten Klasse war, habe ich eines Tages meinen Physiklehrer gefragt, ob ich nicht eine Unterrichtsstunde selbst gestalten könne", erinnert er sich. Der Pädagoge hat zugestimmt, und kurz darauf hat Erik Wischnewski seine Mitschüler vom Hamburger Kaifu-Gymnasium in die Geheimnisse der Mond- und Sonnenfinsternisse eingeweiht. Auf Anraten des Lehrers waren auch der Direktor und der Schulrat mit dabei - und ebenso begeistert wie die jungen Leute.

Spätestens von diesem Tag an war Wischnewski eins mit dieser Welt. Um mehr über den Kosmos zu erfahren, ging er bereits als 13jähriger zu den Treffen der Hamburger Sternenfreunde, wo ihn die wesentlich älteren Vereinsmitglieder erst mißtrauisch, dann respektvoll in ihren Kreis aufnahmen. Nur folgerichtig, daß er sich nach dem Abitur mit Eifer in ein Studium der Astrophysik geworfen hat.

Doch der Elfenbeinturm der Wissenschaft war auf Dauer nichts für ihn, der mittlerweile nur so vor Tatendrang strotzte. "Ich hatte die Nase voll von der abgehobenen Art der Leute dort", erzählt Erik Wischnewski, Kurze Zeit nach seinem Physikdiplom nahm er deshalb eine Stelle in der Entwicklungsabteilung bei der AEG an und begann damit seine zweite Karriere. Das Weltall hat er dennoch nicht aus den Augen gelassen. "Es macht mir einen Riesenspaß, andere Menschen für die Welt der Astronomie zu begeistern", sagt er. Wie das geht? Ganz einfach: Um den Urknall zu simulieren, hat er als Dozent im Hamburger Planetarium zum Schrecken des Publikums beispielsweise gern im Dunkeln eine Brötchentüte zum Platzen gebracht. "Ich habe mich immer als Entertainer gesehen", lacht er, "mein Vorbild war nicht Albert Einstein, sondern Hans-Joachim Kulenkampff."

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