Der "Star-Club"-Fotograf

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Frank Knittermeier

Große Freiheit: Vor 40 Jahren gehörte Robert Günther quasi zum Inventar des legendären Hamburger Musikclubs: Mit seiner "Exakta" dokumentierte er die frühen Jahre des "Star-Clubs". Jetzt sind seine Fotos im Internet zu sehen

Norderstedt. Dave Davies, Rhythmusgitarrist der "Kinks", hatte es ausgerechnet auf einen der jüngsten Besucher im "Star-Club" abgesehen: Nach dem Konzert kam er zu dem jungen Mann, der mit der holzverkleideten "Exakta" vor, auf und hinter der Bühne Fotos gemacht hatte, und fragte ihn nach Drogen, um sich aufzuputschen. Robert Günther, damals gerade 18 Jahre alt, hatte keine Ahnung, was der berühmte Musiker von ihm wollte und ging erst einmal zur "Star-Club"-Managerin Hilde Peters, um sich zu erkundigen. Ihr kurzer Kommentar: "Robby, laß die Finger davon."

Daran hat sich der Fotograf von einst bis heute heute gehalten. Seine Fotos aus dem berühmten Hamburger Musikclub in der Großen Freiheit sind jetzt weltweit zu bewundern: Der Norderstedter hat eine Internetseite mit seinen besten "Star-Club"-Fotos" eröffnet.

"31 23 00" - die Telefonnumer des "Star-Clubs" hat Robert Günther, der mittlerweile 58 Jahre alt ist, heute noch im Kopf. Viele Jahre gehörte er quasi zum "Inventar" des weltberühmten Musikclubs, in dem die Beatles einst ihren letzten Schliff vor der Weltkarriere bekamen. Obwohl er als Jugendlicher abends eigentlich noch gar nicht offiziell dabei sein durfte, wurde der Junge mit seiner "Exakta" geduldet. Und davon profitieren die Musikfans noch heute: Seines Fotos gehören zu den besten, die es aus dem Club gibt.

Weil der "Star-Club" zumindest in den ersten Jahren von der Hamburger Presse kaum wahrgenommen wurde, gibt es ohnehin nur wenige Fotos aus diesen Jahren. Über den "Star-Club" wurde nur im Zusammenhang mit Schlägereien und Razzien berichtet. Filmaufnahmen existieren überhaupt nicht.

Viele Günther-Fotos wurden in Büchern veröffentlicht, sein eindrucksvolles Jimi-Hendrix-Porträt wurde 1967 sogar als drittbestes World-Press-Foto mit immerhin 10 000 Mark ausgezeichnet. Es sind allerdings nicht die Musikerstudien alleine, die die Fotos von Robert Günther auszeichnen: Als sensibler Fotograf ist es ihm gelungen, das Lebensgefühl einer Generation einzufangen, die aus der Enge der muffigen Nachkriegszeit ausbrechen wollte und im "Star-Club" ein Ventil dafür fand. Fotografen wie Robert Günther und der Hamburger Günter Zint haben die Aufbruchsstimmung von damals eindrucksvoll dokumentiert.

Die meisten der rund 12 000 Fotos von Robert Günther schlummerten allerdings bis vor kurzem in seinem eigenen Archiv. Weil er seinen Beruf als Fotograf für Presseagenturen schon längst aufgegeben hat, gerieten die Aufnahmen beinahe in Vergessenheit. Erst sein Geschäftspartner und Freund Jens Rabenstein aus Norderstedt animierte ihn, diese einmaligen Fotos der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen.

Und so kann seit einigen Wochen jeder bewundern, was Robert Günther einst fotografiert hat. Unter der Internetadresse www.starclub-hamburg.com stehen einige der Fotos zur Ansicht zur Verfügung. Auf 28 Seiten wird die Geschichte des "Star-Clubs" lebendig, weitere Seiten kommen ständig hinzu. Zu sehen sind auch andere Musikfotos von ihm. Im kommenden Jahr soll der erste "Star-Club"-Kalender von Robert Günther (für das Jahr 2006) erscheinen.

Nicht enthalten sind auf der Internetseite die vielen persönlichen Anekdoten, die Robert Günther mit den Stars von früher erlebt hat. Jimi Hendrix zum Beispiel war von seinen Fotos so begeistert, daß er Günther einige abkaufte - das Bezahlen allerdings "vergaß" der begnadete Gitarrist. Das übernahm später sein Mitmusiker Mitch Mitchell nach mehrmaligem Anmahnen. "Hendrix war privat ein eingebildeter und fast proletenhafter Typ", erinnert sich Robert Günther.

Sänger Dave Dee kam nach einem "Bad in der Menge" nicht wieder auf die Bühne zurück, weil die Zuschauer ihn festhielten und ihm die Kleidung vom Leibe reißen wollten - Günther und zwei andere "Star-Club"-Mitarbeiter befreiten ihn aus der mißlichen Lage. Und Sänger Lee Curtis erkannte ihn erst kürzlich bei einer zufälligen Begegnung auf der Reeperbahn wieder.

Der Musik ist Robert Günther treu geblieben. Allerdings gehört er nicht mehr zu den Beobachter der Szene, sondern zu den Machern: Er ist der Hamburger "Partykönig". Bis zu sieben Veranstaltungen im Monat - früher auch in Norderstedt im "Rohling" und im "Cluhouse" - haben den einstigen "Star-Club"-Fotografen zu einem einflußreichen Veranstalter werden lassen.

An die alten Zeiten erinnern in seinem Musikzimmer Plakate, Schallplatten und natürlich Fotos. Die Beatles übrigens hat er im "Star-Club" nie fotografiert. Das gelang ihm erst, als sie zu Filmaufnahmen in das Ahrensburger Schloß kamen.

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