Wie eine junge Mutter vergeblich in Norderstedt nach einer Ausbildung in Teilzeit sucht

Norderstedt. Aileen Stein, 20, hat einen Fixpunkt, um den sich ihr Leben dreht. Der Fixpunkt heißt Nika Christin, ist gerade drei Jahre alt und selbstredend ebenso süß wie für die sehr junge Mutter arbeitsintensiv. Hochschwanger hatte Aileen Stein noch ihren Realschulabschluss gepackt. Dann entschied sie, sich zwei Jahre komplett der Erziehung und Betreuung von Nika Christin zu widmen. Berufliche Wünsche stellte sie hintan. Bis jetzt.

Aileen Stein sucht einen Weg, wie sie zu einer Ausbildung und zu einem Berufsleben kommen kann. "Ich will unbedingt arbeiten, auf eigenen Beinen stehen und meiner Tochter ein Vorbild sein", sagt sie. Wenn sie es sich aussuchen kann, würde sie am liebsten in einem kaufmännischen Beruf arbeiten. Doch Ausbildung und Kinderbetreuung unter einen Hut zu bekommen ist schwierig.

Dabei werben die Arbeitsagenturen bei den Unternehmen seit 2005 für das Modell der Teilzeitausbildung, das gerade für junge Mütter oder Väter aufgelegt wurde, die nach dem Ende der Erziehungszeit nicht in Vollzeit in den Ausbildungsbetrieb zurückkehren oder einsteigen können. Festgeschrieben steht die Variante im Paragraf 8 des Berufsbildungsgesetzes. Zwei Varianten mit unterschiedlichen Ausbildungszeiten gibt es. In der Variante ohne Verlängerung der Ausbildungszeit beträgt die Arbeitszeit einschließlich des Berufsschulunterrichts mindestens 25 und maximal 30 Wochenstunden. In der Variante mit Verlängerung der Ausbildungszeit liegt die Anzahl der Wochenstunden einschließlich des Berufsschulunterrichts bei mindestens 20 Wochenstunden. Der Azubi und der Betrieb einigen sich auf eine Stundenzahl und zu welchen Zeiten diese Stunden geleistet werden. Durch die reduzierte wöchentliche Ausbildungszeit verringert sich die monatliche Vergütung entsprechend. Der Betrieb wird weniger stark belastet. Unter Umständen kann sich die Ausbildungszeit verlängern, dadurch sind die Auszubildenden länger und umfangreicher im Unternehmen einsetzbar.

Bisher hat Aileen Stein etwa 70 Bewerbungsbriefe an Firmen geschrieben und nach der Möglichkeit der Teilzeitausbildung nachgefragt - erfolglos. Bei vielen Unternehmen ist diese Variante gar nicht bekannt. Aileen Stein muss das Modell oft erklären und fügt ihren Bewerbungen inzwischen auch ein Informationsblatt bei. Sie hat in der Zwischenzeit zwei Praktika als Steuerfachangestellte und Kauffrau für visuelle Medien gemacht.

Um ihre Fähigkeiten zu erweitern, begann sie im Herbst 2011 einen Berufsvorbereitenden Bildungslehrgang bei der Dekra Akademie in Norderstedt. Sie entschied sich dort für das Berufsfeld Wirtschaft und Verwaltung, um sich optimal auf ihren Wunschberuf im Bürobereich vorzubereiten. "Es ist nicht ungewöhnlich, dass eine junge Frau so klar in ihrer Berufswahl ist - ungewöhnlich aber ist, wie engagiert Aileen sich bemüht, eine Ausbildung zu finden" sagt Regine Böttcher von der Dekra, die sie bei den Bewerbungen unterstützt.

Betriebe, die die Teilzeitausbildung praktizieren, berichten von guten Erfahrungen, sagt Böttcher: "Ebenso wie Aileen zeichnen sich die jungen Mütter und Väter durch ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein aus, zu planen und zu organisieren ist ihnen vertraut: Stärken, die für das Berufsleben wichtig sind." Aileen Stein hat die Betreuung ihrer Tochter längst organisiert. Eine Tagesmutter und ihre Mutter unterstützen sie.