Das Kino an der Rathausallee hat sich zum kulturellen Anziehungspunkt gemausert. Jetzt verlässt Theaterleiter Adriano Antico Norderstedt.

Norderstedt. Gottesdienst vor der Leinwand, Fremdsprachenkino mit der VHS, Seniorenkino, Kinonächte für Frauen, Kinonächte für Männer, Sonderreihen mit anspruchsvollen Filmen - das Norderstedter Spectrum-Kino an der Rathausallee ist in den vergangenen zwei Jahren zu einem kulturellen Anziehungspunkt geworden. Mit einer Vielzahl von besonderen Aktionen ist es Theaterleiter Adriano Antico gelungen, das Lichtspieltheater aus dem traditionellen Nischendasein herauszuholen. Mit besonderen Angeboten für Familien mit Kindern, mit erweiterten Kindertarifen und Ferienrabatten wird jetzt weiter um die Gunst der Zuschauer gepokert.

Vorstadtkinos haben es nicht leicht, mit der Konkurrenz in der Großstadt zu leben. Um die Massen ins Kino zu ziehen, wird in der Regel ein Mainstream-Programm mit den üblichen Action- und Unterhaltungsfilmen geboten. Davon sind die jüngeren Leute begeistert, wer anspruchsvollere Filme mag, bleibt eher zu Hause oder besucht ein Hamburger Programmkino. Dieses Dilemma hat Adriano Antico zu durchbrechen versucht - mit teilweisem Erfolg. Nicht alle Angebote konnten sich durchsetzen: Die Montagsreihe "Kino für Kenner" musste mangels Interesse eingestellt werden, weil es in Norderstedt offenbar zu wenig echte Cineasten gibt.

Beim Gottesdienst im Kinosaal waren alle Stühle besetzt

Andere Angebote aber haben sich durchgesetzt. Beim Gottesdienst im Kinosaal waren alle Stühle besetzt. "Das wird mit Sicherheit wiederholt", sagt Theaterleiter Antico. "Diese Form des Gottesdienstes hat es meines Wissens noch nirgends gegeben." Nicht ständig, aber gelegentlich werden die Norderstedter Kirchen künftig zu dieser besonderen Form des Gottesdienstes einladen - immer in Verbindung mit einem besonderen Film. Ende des Jahres ist eine Neuauflage geplant.

Etwa 70 Besucher finden sich regelmäßig zur Fremdsprachenreihe ein

Eine Besonderheit in der deutschen Kinolandschaft ist auch die Fremdsprachenreihe: In Zusammenarbeit mit der Volkshochschule werden Filme in französischer, italienischer, englischer oder spanischer Sprache gezeigt. Durchschnittlich 70 Besucher kommen pro Vorstellung. In Zusammenarbeit mit dem Seniorenbeirat wurde im Mai der Film "Vaya con Dios" gezeigt: 200 Senioren sahen sich nicht nur den Film an, sie bekamen auch Kuchen und konnten gemeinsam singen. Sogar aus Hamburg waren Besucher mit einem Reisebus angereist.

Die Frauen- und Männernächte im Kino waren, mit einer Ausnahme, Erfolge. Die Schulkinowochen waren allesamt ausgebucht und zogen mehr Besucher als in größeren Städten des Landes. Dazu kommen Annehmlichkeiten, auf die ein modernes Kino heute nicht verzichten kann: Digitalisierung, 3-D, modernes Soundsystem - all das gibt es im Spectrum seit dem vergangenen Jahr. Damit wird das Filmevorführen zwar teurer, aber der normale Kinobesucher erwartet derartige Annehmlichkeiten, die er von den Hamburger Multiplex-Palästen gewohnt ist.

Weil Kino auch ein Familienerlebnis ist - oder zumindest sein soll -, wird von sofort an der Familientag am Sonntag eingeführt. Erwachsene in Begleitung mit Kindern bis zwölf Jahren zahlen bis 17 Uhr den Kinderpreis von fünf Euro. Für Kinder gilt der Taschengeldtarif von fünf Euro bis 17 Uhr die ganze Woche. Daneben bleibt aber auch der Kinotag am Dienstag im Angebot: Fünf Euro oder 50 Cent mehr (je nach Film) auf allen Plätzen zu jeder Tageszeit. An der Kinokasse liegt jetzt auch der Spectrum-Ferienpass aus. Schüler, die ihn in den Sommerferien vorzeigen, zahlen einen ermäßigten Eintrittspreis und können darüber hinaus an Gewinnspielen teilnehmen.

Für Adriano Antico, der Norderstedt Ende Juli verlässt und für den Betreiber K-Motion GmbH & Co. KG ein größeres Kino in Hameln übernimmt, ist es wichtig, dass er das Kino in Norderstedt etabliert hat. "Es wird genau in diesem Sinne weitergeführt."