Masoud Azizieh aus dem Iran unterrichtet am Coppernicus-Gymnasium und ist einer von wenigen Lehrern mit Migrationshintergrund

"Ich wehre mich dagegen, einen Menschen auf seine Herkunft zu reduzieren", sagt Masoud Azizieh. Genau diese Haltung versucht der Lehrer seinen Schülern zu vermitteln. Der 40-Jährige stammt aus dem Iran, kam als Kid mit seinen Eltern nach Deutschland und unterrichtet am Coppernicus-Gymnasium Philosophie und Wirtschaft/Politik. Er ist eine Ausnahme an den Schulen im Norden, an denen Pädagogen mit Migrationshintergrund nur selten zu finden sind.

Auf der anderen Seite wächst die Zahl der Schüler, die ihre Wurzeln in einem anderen Kulturkreis haben, kontinuierlich. Fast jeder vierte Erstklässler in Schleswig-Holstein stammt aus Zuwandererfamilien. Doch diese Gruppe erreicht deutlich seltener das Abitur als deutsche Jugendliche, und die Zahl der Schulabbrecher ist unter Migranten höher. In Norderstedt gibt es 433 ausländische Schüler, 92 besuchen ein Gymnasium. Mit 21 Prozent liegt der Anteil deutlich unter dem Durchschnitt von 36,4 Prozent.

"Allerdings ist der Druck durch die Familie, einen möglichst guten Abschluss zu machen, bei ausländischen Kindern oft größer als bei deutschen", sagt Azizieh. Die Eltern seien hierher gekommen, hätten Freunde, Verwandte und ihre Kultur aufgegeben, um in einem fremden Land neu zu starten. Nun erwarteten sie quasi als Lohn Top-Zensuren und eine erfolgreiche Karriere.

Im Iran zählten Lehrer neben Ärzten und Ingenieuren zu den sehr angesehenen Berufsgruppen. Das sei in Deutschland anders. Dennoch fühle er sich hier wohl, schätze Planbarkeit und ein geordnetes Leben, ohne das vernünftiger Unterricht nicht möglich sei. Wie Deutsch ist er? "Ich habe mehrere Teil-Identitäten, bin Iraner, Moslem, Fan von Barca-Fan, Philosoph", sagt der Pädagoge, der sich den radikalen Zweifel zu eigen gemacht hat. Nichts ist selbstverständlich, laute eines seiner pädagogischen Leitmotive. Und manches ist nicht, wie es scheint. Deswegen kämpfe er gegen Schubladen-Denken und für Toleranz, auch weil er als moderater Moslem jetzt in einem christlich geprägten Land lebe und beide Religionen kenne. Das sei auch im Beruf ein Vorteil genauso wie das Wissen um Familienstrukturen, die sich von deutschen stark unterscheiden könnten.

Im Schulalltag spielt seine Herkunft keine Rolle, Kollegen wie Schüler begegneten ihm wie allen anderen auch. Am Gymnasium spielten auch muttersprachliche Kenntnisse weniger eine Rolle als in den Kitas oder an der Grundschule.

Azizieh kann sich nur an ein oder zwei Schüler erinnern, mit denen er Persisch gesprochen habe. Dennoch hält er es für gut, wenn es mehr Lehrer mit Migrationshintergrund gäbe: "Da sehen ausländische Schüler: Er hat es geschafft, warum soll ich es nicht auch schaffen?"