Zu den wichtigen Politikfeldern in Schleswig-Holstein nehmen die sechs Direktkandidaten des Wahlkreises 28 für die Landtagswahl Stellung.

Norderstedt. Zu den wichtigen Politikfeldern in Schleswig-Holstein nehmen die sechs Direktkandidaten des Wahlkreises 28 für die Landtagswahl Stellung. Es geht um Schulden, um den richtigen Weg zum Abitur, um Kita-Ausbau und Betreuungsgeld sowie um den Wirtschaftsstandort Norderstedt. Die Kandidaten hatten eine enge Vorgabe von der Redaktion bekommen - kurze Antworten auf wichtige Fragen.

Die Fragen an die Kandidaten: Die Städte und Kommunen schultern immer mehr Aufgaben, das Land überweist immer weniger Geld: Was würden Sie ändern?

Katja Rathje-Hoffmann (CDU) : Die CDU hat dafür gesorgt, hoch verschuldeten Gemeinden durch einen extra Strukturfonds zusätzliches Geld zu geben. Das Land und die Kommunen müssen lernen, mit dem vorhandenen Geld künftig auszukommen. Ziel aller muss sein, keine neuen Schulden mehr zu machen. Aufgaben sollten zusammengefasst und die Bürokratie abgebaut werden.

Katrin Fedrowitz (SPD): Zunächst werden wir den Eingriff des Landes in den kommunalen Finanzausgleich in Höhe von 120 Millionen Euro rückgängig machen. Dieses Geld wird den Kommunen zweckgebunden zum Ausbau von z. B. Kita-Plätzen zurückgezahlt. Außerdem muss das Land zukünftig mit den Aufgaben auch das notwendige Geld an die Kommunen weitergeben.

Gabriele Heyer (FDP): Mehr Aufgaben, weniger Geld ist ein altes Thema vor allem, was Leistungsgesetze des Bundes angeht. Wichtig ist, dass endlich gilt, "wer die Musik bestellt, zahlt sie auch" und dass das Land stärker berücksichtigt, dass das Hamburger Umland auch Förderung braucht, weil es wächst.

Katrin Schmieder (Bündnis 90/Die Grünen): Wir müssen nach Umverteilungsmöglichkeiten der Landesausgaben suchen. Der Austausch der Kommunen im Sinne eines "Best Practice" will ich fördern und mit einem Anreizsystem begleiten z. B. Einsparungen in den Kommunen zu belassen. Das Einwerben zusätzlicher Bundesmittel u. a. für Kitaförderung, Ganztagsschule und Energiewende ist unverzichtbar!

Miro Berbig (Die Linke): Es ist heute schon abzusehen, dass die Schuldenbremse nicht zum Ziel führt, sondern durch Kürzungen im Bildungs-, Sozial- und Kulturbereich Schleswig-Holstein lebensunwerter und weniger liebenswert machen wird. Unsere Schuldenbremse heißt Vermögenssteuer, die Mehreinnahmen des Bundes müssen dann gerecht bis in die Kommunen verteilt werden.

Benjamin Freiling (Piratenpartei): Die Bürger müssen wissen, was staatliches Handeln kostet - und wie es finanziert wird. Alle Aufgaben in Bund, Ländern und Kommunen müssen daher auf den Prüfstand. Kosten und Nutzen jeder Maßnahme müssen transparent sein.

Der Weg zum Abitur: G8 reformieren oder G9 flächendeckend?

Katja Rathje-Hoffmann (CDU): Die CDU will keine weiteren Schulreformen, auch nicht an den Gymnasien. Wir haben das Schulsystem an die Zukunftsanforderungen angepasst. Alle Schulformen brauchen nun Zeit und Ruhe, um sich auf ihre wesentliche Aufgabe zu konzentrieren - die Bildung unserer Kinder, von Anfang an.

Katrin Fedrowitz (SPD): Die SPD wird das Abitur in neun Jahren flächendeckend an den Gemeinschaftsschulen und gleichzeitig an den Gymnasien das Abitur in acht Jahren anbieten. Unser Ziel ist ein verlässliches dauerhaftes Schulsystem aus Grundschulen, Gemeinschaftsschulen, Gymnasien und beruflichen Schulen. So werden auch mehr Schüler die Hochschulreife erlangen.

Gabriele Heyer (FDP): Nun muss Schluss sein mit der Schulumgestaltung; die FDP hat das Y-Modell durchgesetzt, sodass alle Gymnasien selbst entscheiden können, wann das Abitur abgelegt wird. Keine weiteren Experimente mit unseren Kindern.

Katrin Schmieder (Bündnis 90/Die Grünen): Das Abitur nach 13 Jahren an Gemeinschaftsschulen und ein entrümpeltes G8 an den Gymnasien sind ein guter Weg. Wir brauchen einen "Runden Tisch" mit allen Bildungsbeteiligten zur Verständigung auf zukünftige Rahmenbedingungen guter Schulen in Schleswig-Holstein. Diese sollten dann mindestens für zehn Jahre Bestand haben.

Miro Berbig (Die Linke): Eindeutig: G9! Anstatt unsere jungen Menschen mit Turbo-Abitur und -Studium zu einer gefügigen Masse für Wirtschaftsinteressen verkommen zu lassen, sollten wir uns um eine solide Persönlichkeitsfindung kümmern. Deshalb gemeinsam länger lernen, von und miteinander, zu einem verantwortungsvollen und bewussten jungen Menschen zu werden.

Benjamin Freiling (Piratenpartei): G8 sollte die Wettbewerbsfähigkeit unseres Schulsystems in Richtung wirtschaftlich schnellerer Verwertbarkeit der Schulausbildung erhöhen. Das hat aber nichts mit Bildung im Allgemeinen zu tun. Es verstärkt zudem die bestehenden Mängel, wie zu wenige Lehrer, zu große Klassen usw. Wichtig ist daher eine Reform des gesamten gegliederten Schulsystems.

Norderstedter Eltern (und nicht nur die) müssen arbeiten und finden keine Betreuungsplätze für ihre Kinder: Kita-Ausbau oder Betreuungsgeld?

Katja Rathje-Hoffmann (CDU) : In Norderstedt und im Umland wird die Kinderbetreuung laufend angepasst und ausgebaut. Die Eltern sollen selbst entscheiden, ob sie ihr Kind in die Krippe geben, einer Tagesmutter anvertrauen oder in den ersten drei Lebensjahren des Kindes selbst betreuen wollen. Eine Barauszahlung des Betreuungsgeldes an die Eltern lehnt die CDU Schleswig-Holstein ab.

Katrin Fedrowitz (SPD): Mit der SPD wird es kein Betreuungsgeld geben! Wir setzen auf den Ausbau von Elementar- und Krippenplätzen. Diese werden vom Land auch finanziell unterstützt. Der Kita-Besuch ist ein wichtiger Baustein zur Förderung der sozialen Kompetenz der Kinder. Im ersten Schritt wird die SPD ein Kindergartenjahr gebührenfrei stellen.

Gabriele Heyer (FDP): Mir wäre es wichtiger, die knappen Mittel in die vorschulische Bildung zu investieren.

Katrin Schmieder (Bündnis 90/Die Grünen): Krippenplatzausbau, ErzieherInnenausbildung, Sozialstaffel - das sind die echten Baustellen im Land! In Norderstedt fragen bereits 60 Prozent der Eltern einen Krippenplatz nach, nur die Hälfte davon bekommt einen! Ohne die 50 Millionen Euro pro Jahr, die alleine in Schleswig-Holstein an Betreuungsgeld zur Auszahlung kämen, wird das nie etwas!

Miro Berbig (Die Linke): Kita-Ausbau! Aber nicht nur Beton fördern, sondern auch die Köpfe. Stellenstreichung, Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und Tarife werden nicht dazu führen, dass wir auf Dauer genügend qualifizierte Pädagogen und Sozialarbeiter für unsere Kitas finden werden. Da müssen wir ran, eine Ausbildung ohne Schulgeld wäre ein erster Schritt.

Benjamin Freiling (Piratenpartei): Ein bedingungsfreies Grundeinkommen würde es Elternteilen erleichtern, ihre eigenen Entscheidungen zum Wohl ihrer Kinder zu treffen, z. B. Erziehungszeit zu Hause plus einige Tage Kita. Bevormundung durch finanzielle Abhängigkeiten und Armut sowie unnötige politische Rahmenvorgaben mit hohem Bürokratieaufwand wären somit entbehrlich.

Sozial schwache Menschen fühlen sich zunehmend abgehängt oder verdrängt: Wie schließen Sie die gespreizte Schere zwischen Arm und Reich?

Katja Rathje-Hoffmann (CDU): Armut hängt oft davon ab, ob die Menschen Arbeit haben. Die CDU hat sich erfolgreich um die Schaffung neuer Arbeitsplätze gekümmert, besonders in Norderstedt. Für von Armut bedrohte Kinder hat die Bundesregierung das Bildungs- und Teilhabepaket geschaffen, das Bildungschancen verbessert und gesellschaftliche Ausgrenzung verhindert.

Katrin Fedrowitz (SPD): Gute Bildung für alle Menschen ist die Grundlage, damit diese in Zukunft von ihrer Arbeit auch leben können und nicht mehr auf staatliche Leistungen angewiesen sind. Außerdem brauchen wir zum Beispiel einen gesetzlichen Mindestlohn, die Eindämmung von Leiharbeit und befristeten Arbeitsverhältnissen sowie gleichen Lohn für gleiche Arbeit.

Gabriele Heyer (FDP): Ich sehe eher das Problem, dass einige von staatlichen Transferleistungen leben und andere, die arbeiten, auch nicht mehr haben. Hier gilt es weiterhin, Steuern und Sozialabgaben zu senken, sobald die Finanzen es erlauben.

Katrin Schmieder (Bündnis 90/Die Grünen): Bildung und Teilhabe von klein auf an schaffen den Ausstieg aus dieser Spirale, wenn sie gut ausgestattet sind und ohne viel Bürokratie ankommen. Mit einem gesetzlichen Mindestlohn wird ein selbstständiges Leben heute und später gesichert. Grüne Politik setzt auf soziales Engagement und Ehrenamt der Menschen in Schleswig-Holstein!

Miro Berbig (Die Linke): Arm trotz oder durch Arbeit, ist zum geflügelten Wort geworden. Dass diese Armut als Konsequenz der SPD-Agenda- und Hartz-IV-Politik bewusst herbeigeführt wurde, hat nicht zuletzt zur Gründung der Linken geführt. Mindestlohn, weg mit der Leiharbeit, das sind nur zwei Wege aus dieser Misere, die wir ohne Probleme sofort umsetzen könnten.x

Benjamin Freiling (Piratenpartei): Die Befreiung des Bürgers von jahrzehntelang aufgehäuften Schulden. Nicht nur Schuldenbremse, sondern eine Bad-Bank-Regelung zu Lasten derer, die diese Politik durch Kreditbewilligungen erst möglich gemacht haben. Die Befreiung des Landes von den Zinszahlungen aus den Altlasten ist notwendig für die Überwindung der sich verstärkenden Armutskluft.

Wie machen Sie den Wirtschaftsstandort Norderstedt im Landtag zum Thema?

Katja Rathje-Hoffmann (CDU): Durch die Ansiedlung großer namhafter und internationaler Unternehmen ist Norderstedt weit über die Grenzen des Landes Schleswig-Holstein hinaus bekannt. Ich achte bei meiner Arbeit im Landtag stets darauf, dass sich auch die Landesregierung dieser wichtigen Bedeutung bewusst ist und die Potenziale Norderstedts entsprechend fördert.

Katrin Fedrowitz (SPD): Leider werden die Interessen von Norderstedt und der gesamten Region bislang kaum im Land berücksichtigt. Die SPD hat jedoch die Bedeutung der Metropolregion erkannt. Ich werde mich zur Stärkung unserer Stadt im Landtag zum Beispiel dafür einsetzen, dass das Land die Einrichtung der Zweigstelle der Fachhochschule Lübeck in Norderstedt genehmigt.

Gabriele Heyer (FDP): Ich möchte eine Debatte um den Hochschulstandort Norderstedt entfachen, um deutlich zu machen, wie man das Potenzial unserer Stadt noch besser nutzen kann.

Katrin Schmieder (Bündnis 90/Die Grünen): Wir brauchen verlässliche Rahmenbedingungen, die eine enge Kooperation mit Hamburg zulassen. Nachhaltige Industrie und zukunftsorientierte Ideen brauchen besondere Förderung und Anreize, um weiterhin eine Idee voraus zu sein. ArbeitnehmerInnen wollen ihre Arbeitsplätze mit dem ÖPNV erreichen und gute Infrastruktur (Kita etc.) vorfinden.

Miro Berbig (Die Linke): Der macht sich sehr schnell selbst zum Thema. Neben dem Tourismus, dem Bereich der erneuerbaren Energie und der Rüstungsindustrie bleibt ja nur die Metropolregion rund um Hamburg, um wirtschaftlichen Erfolg für das Land zu generieren. Egal, welche Farben die nächste Regierung haben wird, man wird auch auf Norderstedt achten.

Benjamin Freiling (Piratenpartei): Indem wir die unbestrittenen Möglichkeiten des Landes im Bereich der nationalen Energiewende zum Wohle aller Bürger des Landes konsequent zur Geltung bringen. Eine davon ausgehende Innovations- und Investitionswelle würde auch dem Standort Norderstedt ganz erheblich fördern.

Mal ganz privat: Nennen Sie uns Ihren Lieblingsort im Wahlkreis!

Katja Rathje-Hoffmann (CDU): Ich esse gern Eis im Sonnenschein und somit bin ich gern in den Eiscafés in der Stadt. Zudem trinke ich gern einen guten Kaffee bei meinem Freund "Holli" (Seniorchef von Elektro-Alster-Nord).

Katrin Fedrowitz (SPD): Mein Lieblingsort in meinem Wahlkreis ist natürlich die Stadt Norderstedt, in der ich aufgewachsen bin und in der ich noch heute lebe und arbeite. Für mich hat diese Stadt gerade durch die Unterschiedlichkeit ihrer Ursprungsgemeinden und der jeweiligen Menschen einen besonderen Charme. Deshalb bin ich aus Überzeugung Norderstedterin.

Gabriele Heyer (FDP): Mein Garten.

Katrin Schmieder (Bündnis 90/Die Grünen): Mein unangefochtener Lieblingsort ist zu Hause bei meiner Familie. Für den täglichen Bedarf schätze ich die Moorbekpassage und den Schmuggelstieg. Mit dem Rad oder zu Fuß zieht es mich gerne in den Stadtpark oder den Trimm-dich-Pfad im Rantzauer Forst. Es fehlt mir nicht an schönen Ecken, manches mal eher an der Zeit, sie zu erkunden!

Miro Berbig (Die Linke): Die Landschaft Schleswig-Holsteins, gerade jetzt im Mai, erinnert mich oft an mein "Lieblingsland" Irland. Unser Grün und die Blütenpracht der Natur müssen sich da nicht verstecken. Mein Lieblingsort im Wahlkreis ist aber weit ab von der Natur in einem kleinen, liebevoll chaotischen Harksheider Keller zu finden - dem Music Star.

Benjamin Freiling (Piratenpartei): Der urwüchsig erhaltene Teil des Segeberger Forstes für Naturerlebnisse pur, die Holstentherme zum Entspannen und den neuen Stadtpark zur Kurzerholung von der Tageshektik.