Stefan Gwildis eröffnete die “TriBühne“-Konzertreihe auf der Waldbühne und landete einen Riesenerfolg. Die Arena war mit 1000 Leuten ausverkauft

Norderstedt. "Jetzt singen wir alle gemeinsam, Brüder und Schwestern und vertreiben die Wolken", begrüßte Stefan Gwildis seine Fans und sprang Luftgitarre spielend auf der Bühne umher. Mehr als tausend Besucher waren in die Waldbühne auf der Landesgartenschau gekommen, und alle waren bestens aufgelegt.

Regen? Dagegen gibt's Plastik-Ponchos, und das Team der "TriBühne" Norderstedt verteilte einige Hundert dieser Knisterdinger ebenso wie blaue Sitzkissen gegen die Kälte von unten. Der Hamburger Soulsänger Stefan Gwildis gestaltete den Auftakt von zehn Konzerten der "TriBühne" auf der Waldbühne im Feldpark und landete einen Riesenerfolg. "Regen? Den haben wir uns lange gewünscht, nun ist er da, und das ist gut so!", sagte der begeisterte Hobbygärtner Gwildis.

Der Mann weiß, wie man(n) Frauen auf Touren, zum Kreischen und Pfeifen bringt und Männer trotzdem bei Laune hält, er springt von der Bühne in die Zuschauerreihen, egal, wie nass er vom Regen wird. Stefan Gwildis ist einer, der das Bad in der Menge offensichtlich genießt, und seine Fans feiern ihn dafür, Marke "Das ist einer von uns, und singen kann der auch noch."

Er fordert zum Tanz auf: "Ihr könnt den Rhythmus auch vertanzen, lasst euren Emotionen freien Lauf", gratuliert kleinen Mädchen und großen Frauen zum Geburtstag, darunter Heidi Glathe aus Henstedt-Ulzburg, und singt mit Fan Michael Fischer sein Lied "Wunderschönes Grau". Seine deutschen Versionen von Soulklassikern von Otis Redding, Bill Withers und Joni Mitchell, von den Temptations und Ray Charles kommen an. Immer wieder.

Denn Gwildis kann nicht nur singen, er hat auch was zu sagen. Der Barmbeker Jung, Vater Reifenhändler, Mutter Hutmacherin, thematisiert in einem Song nach Joni Mitchell den Protest gegen die Atomkraftwerke, singt gegen Umweltsünden und gegen politische Entscheidungen ("Die 70er-Jahre sind zurück, und Afghanistan ist heute unser Vietnam."), und ironisiert fein die esoterische Selbsterfahrungswelle.

Immer dicht am Publikum, textet der 52-Jährige seine Lieder spontan beim Singen um, beispielsweise, wenn einer ein Bier holt, solle er doch dem Nachbarn gleich eins mitbringen. Als die begeisterten Tausend keine Pause wollen, macht Gwildis durch, was aber nicht heißt, dass er sein Programm durchzieht.

Mit Matthias Strass an der Gitarre und einem unerhört gut spielenden Hagen Kuhr am Cello bleibt er immer bei sich, röhrt, wispert "so nass ist das", zerkaut Worte, zermalmt Rhythmen, zischelt und raunt, knurrt und näselt, holt die Luftgitarre raus und spielt mit den Händen am Mikro Saxofon, wechselt von Rock zu Soul und zurück. "Seid Ihr bereit für den Jazz?" Sie sind, und wieder zeigt er, dass er sein Instrument, die Stimme, virtuos beherrscht: "Gestern war Gestern", "Mama mag ihn" oder auch "Es ist alles zu spät, wenn der Mond über Hamburg steht" und die Anti-Hymne auf Hunde, auf Bonzo, das 100-Kilo-Tier. Das Publikum steht auf, singt mit, macht auf Wunschkonzert, und der Mann mit der Gitarre, der auf einem Stuhl neben sich einen Kasper und ein Plüschtier als Talisman dabei hat, reagiert prompt, immer auch wieder auf den stets stärker werdenden Regen, wenn er groovt "Den ganzen Tag regnet es schon" und dabei ein bisschen auf Maffay macht.

Viele Ideen holt sich der Hamburger Sänger von Michy Reincke (kommt am 23. Juli, 19 Uhr, zur "Lausch-Lounge" in die Waldbühne), andere fischt er aus seinem Umfeld, aus dem täglichen Erleben. "Ich bringe in meine Lieder, was uns täglich betrifft", sagt Gwildis im Interview mit der Norderstedter Zeitung vor dem Konzert.

Zu Norderstedt hat er besondere Beziehungen: Kiesow, HSV und das Norderstedter Amateur-Theater (NAT). Kiesow hat seine Autoshow gesponsert. Beim NAT hat er Ende der 70er-Jahre im Weihnachtsmärchen mitgespielt: "Ich war irgend etwas Schleimiges. Aber die Leidenschaft der Laienschauspieler hat mich tief beeindruckt." Und auf dem HSV-Platz hat er Hockey gespielt.

Gelernt hat er am Hamburger Thalia-Theater, das war 1979. Doch der Frust der Schauspieler, vor allem der Besten, hat ihn doch zur Musik getrieben: "Ich habe aber viel am Thalia gelernt, beispielsweise von Boy Gobert, Peter Striebeck und Ingrid Andree".

Gern wäre er über die Landesgartenschau gegangen. "Ich komme wieder, das muss ich mir ansehen", verspricht der Mann, der gern den Vögel und dem Wind lauscht. Und dem Regen, wenn er auf Plastik-Ponchos prasselt und zum Percussions-Instrument wird.