Umsatz der Gemüsegroßhändler bricht ein, doch Desinfektionsmittel aus dem Hause Schülke sind stark nachgefragt

Norderstedt. Es ist keine gute Woche für Yakup und Mehmet Belen aus Norderstedt. Die beiden Brüder betreiben am Gutenbergring 39 einen Gemüsegroßhandel mit Gastroservice. Die Nachrichten über die Ausbreitung von EHEC-Infektionen wirken sich drastisch auf ihr Geschäft aus: "Wir haben bis zu 50 Prozent Umsatzeinbruch", sagt Mehmet Belen, der jeden Morgen zum Hamburger Gemüsegroßmarkt fährt und von ausgesuchten Bauern frische Ware einkauft. Die Belen-Brüder betreiben am Harksheider Marktplatz einen Gemüseladen, verdienen aber in der Hauptsache mit der Belieferung von Restaurants und Großküchen in Hamburg und Schleswig-Holstein. Viele Stammkunden verzichten derzeit auf Gemüse, einige haben die bereits ausgelieferte Ware wieder zurückgegeben. Mehmet und Yakup Belen sind großzügig und nehmen die Ware zurück, obwohl sie es eigentlich nicht müssten.

"Seit zwei Tagen merken wir die Misere extrem", sagt Mehmet Belen. 50 bis 60 Kisten Tomaten und etwa 20 Kisten Salat sind gestern zurückgekommen. Dabei achten die Brüder darauf, dass sie ihre Waren von Landwirten kaufen, deren Waren zertifiziert sind. Gestern war für das Unternehmen ein ganz rabenschwarzer Tag: Die Brüder Belen beliefern auch alle gastronomischen Betriebe im Terminal 2 des Hamburger Flughafens, wurden aber zunächst auch dort keine Ware los - das vorübergehende Flugverbot wirkte sich auf das Geschäft ebenfalls negativ aus.

Die Wochenmarkt-Kunden an der Tangstedter Landstraße in Norderstedt nahmen die EHEC-Meldungen offenbar gelassen auf. Am Gemüsestand von Monika und Henning Vehrs aus Quarnstedt gab es überhaupt keine Nachfragen, am Stand von Rene Säuberlich aus Stade nur vereinzelte: "Die Fragen waren eher lustig gemeint", sagt der Gemüsehändler. Umsatzeinbrüche gab es an beiden Ständen nicht.

Während die Gemüsehändler zum Teil einbrechende Umsätze feststellen und weitere Einbrüche befürchten, geht es in anderen Bereichen unaufgeregt zu. Julia Gerull und Veronika Alex füllen sich in der Kantine von Johnson & Johnson Medical (ehemals Ethicon) Salat, Paprika und geraspelte Möhren auf die Teller. Keine Angst, sich anzustecken? "Nein, wir wissen ja, dass Obst und Gemüse vor der Zubereitung gewaschen werden. Außerdem kommen viele Produkte von einem Bio-Lieferanten", sagen die beiden Mitarbeiterinnen des weltweit tätigen medizintechnischen Unternehmens, das mit gut 2000 Beschäftigten Norderstedts größter Arbeitgeber ist.

Unternehmenssprecher Axel Wieczorek bestätigt: "Wir unterliegen sehr hohen Hygiene-Standards." Obst und Gemüse, das vom Hamburger Großmarkt angeliefert wird, werde mindestens noch zweimal gewaschen. Außerdem arbeite Johnson & Johnson mit langjährigen und verlässlichen Lieferanten zusammen. Die Bio-Erzeugnisse würden vor dem Verzehr speziell behandelt, sodass auch hier die Risiken so weit wie möglich reduziert würden.

In der Cafeteria des Coppernicus-Gymnasiums weist ein Info-Blatt mit Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts die Mütter, die die Schüler in den Pausen ehrenamtlich mit belegten Brötchen versorgen, auf die Hygiene-Vorschriften hin. Wer hier Brötchen aufschneidet und mit Käse, Salat und Paprika belegt, muss sich vorher gründlich die Hände waschen und desinfizieren. "Der Spender über dem Waschbecken und die Einmal-Handschuhe stammen noch aus der Zeit der Schweinegrippe. Jetzt können wir wieder darauf zurückgreifen", sagt Sabine Scheday, Vorsitzende des Cafeteria-Vereins. Natürlich werden auch Obst und Gemüse gewaschen, bevor sie die Brötchen garnieren. Pflicht ist auch das Reinigen der Arbeitsflächen und -geräte. Weder Schüler noch Lehrer haben die Mütter gestern angesprochen. "Es gab niemanden, der gesagt hat, er wolle keinen Salat", sagt Susanne Sellhorn, die zum Ausgabe-Team gehörte. "Ich würde den Eisberg-Salat sogar roh essen", sagt Lehrer Norbert Richter, der dem Erreger gelassen gegenüber steht, schließlich habe er BSE, Schweine- und Vogelgrippe schadlos überstanden.

Auch in den meisten Norderstedter Arztpraxen ist von Panik nichts zu spüren: "Bei uns ist noch kein Fall aufgetreten, auch am Telefon ist EHEC kein Thema", sagt Dr. Sven Warrelmann. Das sei auch nicht verwunderlich, die Erkrankungsrate liege im Promille-Bereich und damit von einer Epidemie, wie sie bei einer Grippe ausbrechen könne, weit entfernt, ergänzt der Nordersteder Allgemeinmediziner.

Beim Unternehmen Schülke stehen die Telefone nicht mehr still. "Wir haben unheimlich viele Anfragen. Alle wollen wissen, ob unsere Produkte auch gegen EHEC helfen", sagt Etta Franz, Leiterin der Kundenbetreuung, des Unternehmens, das sein Geld mit Desinfektion, Hygiene und Konservierung verdient. Ärzte und Apotheker, aber auch Bürger und Dienstleiter wollten wissen, ob die Desinfektionsmittel aus Norderstedt auch vorbeugend gegen EHEC wirken. Diese Frage konnte Etta Franz mit einem klaren Ja beantworten. "Die Desinfektion von Händen und Arbeitsflächen gewinnt wieder an Bedeutung", sagt die Leiterin der Kundenbetreuung. So dürfte die Produktion in den nächsten Tagen an Fahrt gewinnen.

Auch bei der DAK in Norderstedt fragen viele Versicherte nach. Dem Informationsbedürfnis begegnet die Krankenkasse mit einer EHEC-Hotline. Unter Telefon 0180/100 07 42 geben Mediziner am Freitag, 27. Mai, von 8 bis 20 Uhr Auskunft.