Am Sonnabend feiert der Musische Jugendkreis seinen 40. Geburtstag in Norderstedt

Norderstedt. Kinder mit Müttern, die keinen Arbeitsplatz haben, haben keinen Anspruch auf einen Kindergartenplatz und müssen zu Hause bleiben. Was heute undenkbar ist, war vor 40 Jahren normal. Doch 1970 setzte sich allmählich die Erkenntnis durch, dass Kinder nicht Erwachsene zum Spielen und Lernen brauchen. Sondern Kinder, gleichaltrige Kinder.

Eine Gruppe von zwölf Eltern wollte dieses Ausgrenzen von Kindern mit nicht berufstätigen Müttern nicht hinnehmen. Die Eltern Ilsemarie Pfeiffer mit fünf Kindern, Götz Gutdeutsch mit drei Kindern und Hans Groß mit drei Kindern gründeten den Musischen Jugendkreis. Das Motto: "Hier sind die Kleinsten die Größten!" Am Sonnabend. 29. Mai, feiert der Musische Jugendkreis seinen 40. Geburtstag in der Grundschule Niendorfer Straße an der Niendorfer Straße 13 in Norderstedt. Die Feier beginnt um 11 Uhr.

Die Vereinsgründerin leitete den Kindergarten 23 Jahre

"Wir hoffen, dass viele ehemalige Kinder zu unserer Feier kommen", sagt Brigitta Opitz, heute erste Vorsitzende des Musischen Jugendkreises. 1992 übernahm sie den Vorsitz von Ilsemarie Pfeiffer. Die Vereinsgründerin leitete den etwas anderen Kindergarten 23 Jahre und erlebte den rasanten Aufstieg, denn die Eltern hatten mit der Gründung der ersten Spielgruppe einen Boom ausgelöst. Mehr als 250 Kinder wollten in der Gruppe der eigenen elf Kinder mitspielen! Die Eltern belegten Pädagogik-Kurse und übernahmen die Leitungen der Spielgruppen selbst.

"Das war ein ungeheuerlicher Vorgang und zeigte, wie sehr ein kreativ-spielerisches Angebot für Kinder zwischen drei und zwölf Jahren in dieser Stadt fehlte", sagt Opitz. Aus der Initiative gründeten die Eltern den Verein Musischer Jugendkreis und stellten fachlich ausgebildete Erzieherinnen und Pädagogen ein. Bei allem Spiel und Spaß legte der Musische Jugendkreis Wert auf eine musische Ausbildung, auf Mal- und Musikkurse, auf Kunsterziehung und die Förderung des schöpferischen Spiels.

Der Verein muss zu jedem neuen Schuljahr um Räume bangen

Ein weiteres Prinzip ist es, die Kinder dort spielerisch ans Leben heranzuführen, wo sie später zur Schule gehen würden, in den Grundschulen. So soll den Kindern die Scheu vor dem neuen Lebensabschnitt genommen werden.

"Der Nachteil: Wir müssen zu jedem neuen Schuljahr um Räume bangen", sagt Rita Kuhtz vom Vereinsvorstand. Gerade erhielt sie von der Grundschule Niendorfer Straße für das kommende Schuljahr eine Absage, doch prompt tat sich eine neue Tür auf - und zwar an der Grundschule Lütjenmoor. Außerdem konnte der Musische Jugendkreis 1976 das städtische Haus mit Garten an der Ochsenzoller Straße beziehen.

Hier erfinden die Kinder ihre eigenen Spielgeräte

"Auf Wunsch der Eltern haben wir hier sogar eine Rutsche", sagt Opitz. Doch weitere Spielplatzgeräte lehnt der Musische Jugendkreis ab. "Wenn die Eltern das wollen, sollen sie mit ihren Kindern auf die öffentlichen Spielplätze gehen, denn bei uns erfinden die Kinder ihre eigenen Spielgeräte", sagt Kuhtz.

Stets hing dem "Musischen Jugendkreis" ein elitärer Ruf an. "Doch wir sind nie elitär gewesen, wir haben nur unseren Standpunkt vertreten, dass vor allem Kinder im Vorschulalter mit Gleichaltrigen spielen und kreativ lernen sollten", sagt Opitz. So hat sich der Musische Jugendkreis auch nie nach den Berufszeiten der Eltern gerichtet. Sondern nach den Bedürfnissen der Kinder. "Das wollten viele Eltern nicht akzeptieren, wir sind aber für die Kinder da und nicht dafür, dass Eltern über unser Angebot kinderfreie Zeiten haben", sagt Kuhtz.

Anfangs organisierten Väter Möbel vom Sperrmüll

Finanziert wird die Arbeit durch die Mitglieder- und Kursusbeiträge der Eltern und über öffentliche Zuschüsse. Vieles wird ehrenamtlich geleistet. Anfangs organisierten die Väter Möbel vom Sperrmüll. "Malpapier holten wir aus den Druckereien, Hausmeister und Putzfrauen der Schulen, in denen wir unsere Kurse abhalten durften, wurden mit Konfekt umschmeichelt", erinnert sich Ilsemarie Pfeiffer.

Der Musische Jugendkreis entfaltete in Norderstedt ein reges Leben, kooperierte mit der Volkshochschule, integrierte ausländische Kinder, nahm an den Partnerschaften der Stadt teil. Bis 1993 betreute der Musische Jugendkreis 23 000 Kinder mit rund 50 Fachkräften an acht Schulen und in dem eigenen Haus und galt als Vorzeige-Einrichtung für ganz Deutschland.

Brigitta Opitz übernahm vor 23 Jahren den Vorsitz

Zurzeit werden 80 Kinder im Musischen Jugendkreis von zehn fest angestellten Fachkräften betreut. "Die Kindertagesstätten sehen uns oft als Konkurrenz, das aber sind wir nicht", sagt Brigitta Opitz, die vor 23 Jahren den Vorsitz übernahm und Lehrerin an der Grundschule Niendorfer Straße in Norderstedt war.

"Heute sind die Kinder viel gestresster, deshalb haben wir die Gruppen auf bis zu maximal zwölf, manchmal nur acht Kinder verkleinert", sagt Opitz. In den Gruppen soll ein Familiengefühl entstehen. Einen regulären Kita-Betrieb aber lehnt der Musische Jugendkreis nach wie vor ab. "Das wäre ein anderes Konzept", sagen Opitz und Kuhtz.

Das Programm der Geburtstagsfeier am Sonnabend, 29. Mai, Grundschule Niendorfer Straße, Niendorfer Straße 13, in Norderstedt - 11 Uhr: Norderstedts Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote, Schirmherr des Musischen Jugendkreises, eröffnet das Fest. Mitmach-Spiele für alle Kinder. Trommelzauber mit einem Trommler. Ausstellung über 40 Jahre Musischer Jugendkreis. Gedankenaustausch und Klönen für die Erwachsenen und Ehemaligen. Büfett.